Essen. Gesundheitsminister erteilen einer Rückkehr der Fußballfans eine Absage. Skepsis in der Politik, Verantwortung bei den kommunalen Behörden.

Die Gesundheitsminister der Länder haben sich geschlossen gegen eine Rückkehr von Fußball-Fans in die Bundesliga-Stadien zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgesprochen. „Gesundheitspolitisch befürworten wir zurzeit zumindest bis zum 31. Oktober die Öffnung der Stadien nicht. Danach kann man noch mal aufgrund der Lage miteinander diskutieren“, sagte die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) als Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz. Steigende Fallzahlen, begrenzte Testkapazitäten für Schulen oder Pflegeheime und Öffnung der Stadiontore – das passe politisch im Moment nicht zusammen.

Heikle Fragen zum Spielbetrieb

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Die Verantwortung, ob und unter welchen Bedingungen Fans wieder die Arenen besuchen dürfen, liegt damit weiter bei den lokalen Gesundheitsämtern. Die Stadt Düsseldorf war zuletzt mit einer Großveranstaltung vorgeprescht. Am 4. September soll in der Arena ein Konzert mit 13.000 Zuschauern stattfinden. Dafür gab es prompt Kritik von der NRW-Landesregierung, obwohl das Gesundheitsamt das Hygienekonzept des Veranstalters gelobt hatte.

Auch mit Blick auf die Bundesliga wirft das heikle Fragen auf: Möglich wäre so, dass Fortuna Düsseldorf vor mehreren Tausend Zuschauern kicken darf, wenn das örtliche Gesundheitsamt auch das Konzept der Deutschen Fußball-Liga (DFL) ohne Alkohol, Stehplätze und Gäste-Anhänger genehmigt. Eine lokale Behörde an einem anderen Standort könnte aber entscheiden, keine Fans zuzulassen – die Fortuna hätte einen Wettbewerbsvorteil mit den eigenen Fans im Rücken.

Hertha BSC benötigt 15.000 Fans

In der Bundesliga ergibt sich die Problematik ebenso: Borussia Dortmund vor Zuschauern, aber Schalke 04 oder der FC Bayern München nicht? Das wäre möglich, solange die Behörden autark entscheiden. Und dann wären da noch die unterschiedlichen Interessen der Vereine: Hertha BSC möchte nur Menschen den Stadionbesuch ermöglichen, wenn mehr als 15.000 kommen dürfen – sonst lohne sich der Hygiene-Aufwand , den die Berliner betreiben müssten, finanziell nicht.

Eine einheitliche Lösung zu finden, dürfte schwierig werden. Die städtischen Gesundheitsämter liegen in der behördlichen Hierarchie ganz unten, die nächste Ebene wären die Länder, dann käme der Bund. Noch herrscht Uneinigkeit.

Söder skeptisch über Fan-Rückkehr

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bewertet volle Stadien zu Saisonbeginn „außerordentlich skeptisch“. Theoretisch hätten die Konzepte „gute Ansätze“, doch seien sie in der Praxis „schwierig“ umsetzbar. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) stellten sich klar hinter das DFL-Konzept: „Warum soll es nicht möglich sein, ein Fußballstadion mit einigen Tausend Zuschauern aufzumachen?“, so Tschentscher. „Das, was angesichts von Risiko-Schutz möglich ist, sollte man machen.“

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Von Dominik Loth, Sebastian Weßling, Andreas Ernst und Christian Woop

Gesundheits-Experten hatten zuletzt angesichts steigender Fallzahlen vor einer Fan-Rückkehr gewarnt. Dabei hatten sie unter anderem auf die Anfahrtswege zum Stadion verwiesen, wo das für die Arenen ausgelegte Hygienekonzept nicht greift, sowie vor einer höheren Ansteckungsgefahr bei fallenden Temperaturen. „Wenn wir Pech haben, sitzt ein Superspreader unter den Fans, und das Virus breitet sich wie ein Lauffeuer aus“, sagte Susanne Johna, Vorsitzende des Ärzteverbandes Marburger Bund. In der letzten Augustwoche will Söder mit den übrigen Ministerpräsidenten über die Bundesliga sprechen.