Manchester. Mit dem Weiterkommen gegen Real Madrid hat Guardiola bei Manchester City Lernfähigkeit bewiesen. Statt künstlerisch zu glänzen wurde geschuftet.

Pep Guardiola sah geschafft aus. Sein grauer Pullover war durchgeschwitzt am Ende dieses für Manchester ungewöhnlich warmen Sommerabends. “Wir wussten, dass wir in einigen Momenten leiden würden”, sagte der Trainer aus Katalonien am Mikrofon des britischen Senders BT Sport und klang dabei so, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen. Dieses Leiden allerdings, es hatte sich gelohnt. Manchester City hatte nicht einfach nur die Endrunde der Champions League in Lissabon erreicht durch den 2:1-Erfolg im Achtelfinal-Rückspiel gegen Real Madrid (Hinspiel ebenfalls 2:1), sondern auch ein Statement abgegeben.

Zum ersten Mal seit der Übernahme des Traditionsklubs aus dem englischen Nordwesten durch Scheich Mansour vor zwölf Jahren setzten sich die Himmelblauen in der K.o.-Phase der Königsklasse gegen einen großen Namen des internationalen Fußballs durch und müssen deshalb als einer der Favoriten gelten beim Finalturnier in der portugiesischen Hauptstadt. Im Viertelfinale am Samstag geht es gegen Olympique Lyon, den Überraschungsgast bei dieser ebenso außergewöhnlichen wie illustren Veranstaltung. Im Halbfinale könnten den FC Bayern oder der FC Barcelona warten. Beides wären für Trainer Guardiola Begegnungen mit der eigenen Vergangenheit.

Viele Fehlversuche nach dem letzten Triumph

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Mit dem Weiterkommen gegen Real Madrid hat der Übungsleiter gezeigt, dass er in der Champions League immer noch glänzen kann, auch neun Jahre nach seinem zweiten und bisher letzten Gewinn des Wettbewerbs als Trainer mit Barcelona, trotz der vielen Fehlversuche seitdem. Und er hat die eigene Lernfähigkeit unter Beweis gestellt. In der jüngeren Geschichte machte es sich Guardiola in großen Spielen auf internationaler Bühne immer wieder selbst schwer, weil er seine Mannschaft besonders genial aufstellen oder den Gegner mit einem außergewöhnlichen Kniff überraschen wollte und damit nur die eigenen Spieler verwirrte. Gegen Real Madrid ließ er Manchester City das machen, was es am besten kann, nämlich den Gegner durch gnadenloses Pressing in die Enge drängen.

Auf diese Weise entstanden im Rückspiel beide Treffer. Vor beiden Toren verleitete Guardiolas Team in Person von Angreifer Gabriel Jesus Real Madrids Innenverteidiger Raphaël Varane zu anfängerhaften Fehlern. Raheem Sterling schon in den neunten Minute und Gabriel Jesus selbst in der 69. Minute nutzten die Aussetzer des französischen Weltmeisters. Das zwischenzeitliche 1:1 durch Karim Benzema reichte den Gästen nicht, um den Gegner entscheidend zu verunsichern.

18 Punkte hinter Champion FC Liverpool

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Auch das ist ein Fortschritt für Manchester City. So brillant die teuer zusammengestellte Mannschaft in der Offensive sein kann, so empfindlich ist teilweise die Abwehr. In der Premier League wurden die Citizens deshalb gerade als Meister entthront und landeten 18 Punkte hinter dem neuen Champion FC Liverpool (der in der Königsklasse schon ausgeschieden ist). Gegen Real dagegen überstand City die paar nervösen Momente nach dem Gegentreffer unbeschadet und setzte sich verdient durch.

Bei den Beteiligten war hinterher zu spüren, dass der Erfolg gegen die Königlichen ein großer Moment für den Verein war. “Für uns ist es enorm, Real Madrid zu schlagen, den größten Klub in diesem Wettbewerb”, sagte Gabriel Jesus. Und Trainer Guardiola wies stolz darauf hin, dass Zinedine Zidane in seiner Zeit als Real-Trainer noch nie aus der Champions League ausgeschieden sei – bis zum Scheitern unter der Abendsonne im Nordwesten Englands. “Die Leistung legt nahe, dass dieses Jahr das Jahr sein könnte, in dem sie die letzte unerfüllte Ambition des Vereins erfüllen und endlich Europa erobern”, jubelte der Daily Mirror.

Der Scheich will den Champions-League-Pokal

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Die Champions League ist der Titel, nach dem Scheich Mansour am meisten trachtet. Um den Silberpokal mit den Riesenhenkeln zu gewinnen, hat er Milliarden in das Projekt gepumpt seit seit der Übernahme vor zwölf Jahren. Seitdem war Manchester City vier Mal Meister in England, gewann zwei Mal den FA-Cup und fünf Mal den Ligapokal, zuletzt in dieser Saison. Am Gewinn des lukrativsten Preises hat sich der Verein bislang allerdings erfolglos versucht. Einmal reichte es zum Halbfinal-Einzug in der Champions League. Das war 2016, im Jahr vor Guardiolas Ankunft.

Unter dem einstigen Bayern-Coach war bislang einmal im Achtelfinale Schluss und zweimal im Viertelfinale. Nach dem Erfolg über Real Madrid reift bei Manchester City die Zuversicht, dass es in dieser Saison klappt mit dem Gewinn der Champions League. Und das nur wenige Wochen nach der Aufhebung einer Europapokal-Sperre durch die internationale Sportgerichtsbarkeit. Es wäre der zweite große Sieg auf kontinentaler Bühne innerhalb kurzer Zeit.