London. Mesut Özil ist der bestbezahlte Profi des englischen Erstligisten FC Arsenal. Doch sein Wert für den Klub sinkt. Der Spielmacher wirkt isoliert.

Der Regenschirm gehört zu den wichtigsten Gebrauchsgegenständen für die Bewohner Großbritanniens, doch es gibt auch Situationen, in denen die Verwendung dieses Utensils schlecht ankommt. Wer sich beim Fußball mit einem Regenschirm an der Seitenlinie blicken lässt, muss mit Spott rechnen. Der ehemalige Nationaltrainer Steve McClaren, einst auch beim VfL Wolfsburg beschäftigt, trägt für den Rest seines Lebens den Spitznamen „Wally with the Brolly“ (Trottel mit dem Regenschirm) mit sich herum, den ihm der englische Boulevard nach dem Scheitern in der Qualifikation zur EM 2008 verpasst hatte. Bei der entscheidenden Niederlage gegen Kroatien im Regen von Wembley hatte er sich unter einem gigantischen Schirm versteckt. Die Öffentlichkeit auf der Insel deutete das als unehrenhaftes Verhalten. Und damit zum Ex-Schalker Mesut Özil.

Auch der deutsche Ex-Nationalspieler wurde neulich mit einem Schirm gesichtet. Diesen nutzte er als Schutz gegen die Sonne beim 2:0-Erfolg seines FC Arsenal gegen den FC Southampton. Der 31-Jährige saß als Ersatz auf der Tribüne, die Stutzen herunterzogen, die Füße auf die Lehne des Sitzes vor ihm gestellt. Ein bisschen sah es aus, als würde er Urlaub machen. Der Anblick löste amüsierte Reaktionen in den Sozialen Netzwerken aus und diente einigen Fachleuten als Bestätigung für ihre These, dass der bestbezahlte Profi der Gunners (angeblich 350.000 Pfund die Woche) am liebsten nichts tut für sein Geld.

Offiziell schmerzt Özil der Rücken

Auch interessant

Seit dem Neustart der Premier League nach der Corona-Pause ist der Gelsenkirchener wieder einmal außen vor, wie schon zu Beginn der Saison. Mittlerweile steht er nicht einmal mehr im Kader. Beim 1:1 des FC Arsenal am Dienstag gegen Leicester City war für den einstigen Schalker schon zum dritten Mal nacheinander kein Platz im 20 Mann starken Spieltags-Aufgebot. Der seit Dezember amtierende Trainer Mikel Arteta gibt verschiedene Gründe für Özils Abwesenheit an. Mal argumentiert der Spanier mit taktischen Erwägungen, dann appelliert er an Özils Einstellung. Aktuell leidet der Deutsche nach offiziellen Angaben mal wieder unter Rückenproblemen. Allerdings wirkt es so, als sei für den 2013 von Real Madrid gekommenen Spielmacher auch insgesamt kein Platz mehr bei Arsenal.

Der Klub befindet sich im Neuaufbau nach dem Weggang von Trainer-Ikone Arsène Wenger vor zwei Jahren. Der einstige Arsenal-Kapitän Arteta, der sogar noch mit Özil zusammen spielte, ist schon der dritte Trainer der neuen Zeitrechnung bei den Nordlondonern nach dem glücklosen Unai Emery und Interimstrainer Freddie Ljungberg, und im Moment ist endlich mal eine Perspektive erkennbar. Vor dem Remis gegen Leicester hatte Arsenal dreimal nacheinander gewonnen, und das sogar zu Null. Das 2:0 bei den Wolverhampton Wanderers am Wochenende war der erste Auswärtssieg bei einem in der Tabelle besser gestellten Team seit fast fünf Jahren. Arsenal spielt um den Einzug in die Europa League mit. An diesem Sonntag treten die Gunners im Nord-London-Derby bei Tottenham Hotspur an (17 Uhr/Sky).

Angeblich wiedersetzte Özil sich dem Gehaltsverzicht

Auch interessant

Ob es für Özil in Zukunft noch einen Platz bei den Gunners gibt, ist fraglich. Arteta, der sich in dreieinhalb Jahren als Co-Trainer von Pep Guardiola bei Manchester City auf seinen ersten Chef-Posten vorbereitet hat, legt Wert auf Disziplin und hat zuletzt Mittelfeldspieler Mattéo Guendouzi wegen eines Handgemenges mit einem anderen Spieler aus dem Team verbannt. Özil hatte seinen Arbeitgeber gegen sich aufgebracht, als er im Dezember die Behandlung der muslimischen Uiguren-Minderheit in China kritisierte, und war angeblich einer von drei Arsenal-Profis, die sich in der Corona-Pause einem Gehaltsverzicht widersetzten. Zwar bestreitet Arteta ein Zerwürfnis mit Özil, doch der Deutsche wirkt zunehmend isoliert.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Trainer neuerdings auf eine 3-4-3-Formation setzt. Das Mittelfeld besteht aus zwei Außenverteidigern und im Zentrum zwei defensiveren Spielern. Für einen klassischen Spielmacher wie Özil ist kein Platz. Angeblich will ihn der Klub sogar im Sommer loswerden, ein Jahr vor Ablauf seines Vertrags. Doch das dürfte schwierig werden. Özil gedenkt offenbar nicht, sich vorzeitig aus London zu verabschieden.