Essen. Fan-Gruppen wollen das Fußball-System ändern. Auch DFL und DFB zeigen sich kritikfähig. Doch der Dialog ist schon oft gescheitert. Ein Kommentar.

Was vor der Corona-Krise passierte, fühlt sich an, als ob es Jahre zurückliegt. Zum Beispiel die Fan-Proteste in den deutschen Stadien und die Drohung der Ultras, Spielabbrüche zu provozieren. Die liegen gerade mal drei Monate zurück und spalteten die Fußball-Szene. Die verbalen Attacken gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp gingen für viele weit über das Maß des Erträglichen hinaus. Aber auch die Ultras bekamen Zuspruch: Hopp und das Hoffenheim-Modell sind aus Fan-Sicht Sinnbild eines Wachstum-abhängigen Modells, das den Fußball von seiner Basis entfremdet. Die leitende Frage des Fußball-Frühlings war: Wer ist wichtiger? Der Milliardär oder der Fan?

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Über Kapitalismus und Entfremdung im Fußball wurde schon lange gestritten, aber selten so laut wie unmittelbar vor der Corona-Krise. Die Bilanzen wurden immer besser, die Werte, die der Fußball doch eigentlich transportieren sollte, immer blasser. Allerdings gaben auch die Ultras durch ihre aggressiven Kampagnen gegen Dietmar Hopp ein umstrittenes Bild an. Die Wortwahl kann kein Vorbild sein. Wer sich so ausdrückt, will mit niemandem reden.

Die Geschichte des Konflikts zwischen Ultras und Verbänden ist auch eine Geschichte des Scheiterns. Immer wieder kam es bei den Dialogen und Annäherungsversuchen zwischen DFB, DFL und Fans zum Eklat mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Auslöser der jüngsten Zuspitzung der Corona-Krise: Die Kollektiv-Strafe gegen die BVB-Anhänger nach den Hopp-Verschmähungen. Dabei hatte der DFB angekündigt, diese nicht mehr auszusprechen.

Millionen-Gehälter auf dem Prüfstand

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Dass nun nach der Zwangspause, nach dem Zwangsbesinnen, DFB und DFL ein Umdenken ankündigen, ist erstmal ein gutes Signal. Vor allem die Gehälter, die zur Entfremdung beigetragen haben, stehen auf dem Prüfstand. Und auch, dass die Fangruppen mit einem Aufruf die Veränderung einfordern, ohne anzugreifen, ist ein solches.

DFL-Chef Christian Seifert hat selbst darauf verwiesen, dass Worte nicht ausreichen, um etwas zu verändern. "Wir dürfen jetzt nicht zu einem Ankündigungsweltmeister werden", sagte er: "Symbolpolitik hilft niemandem." Daran werden er, die DFL und der DFB in nächster Zeit gemessen: Taten müssen sichtbar werden, um die Glaubwürdigkeit zu untermauern. DFL und DFB sind diejenigen, die nach der Corona-Krise eine andere Richtung vorgeben können. Sie müssen diese Chance jetzt nutzen.

Fans können auch etwas leisten

Die Fans müssen aber auch etwas leisten. Sie können bei Sponsorenverträgen und Transfergeschäften nicht mitbestimmen. Aber sie können Missstände anzeigen – konstruktiv und eindringlich. Daran werden sie gemessen.