Essen. . Nach den Botschaften zu George Floyds Tod wird über Meinungsfreiheit im Sport diskutiert. DFB-Integrationsbeauftragter Cacau hat klare Haltung.
- Viele Fußballstars beteiligen sich an der weltweiten Solidaritätsaktion #BlackOutTuesday und setzen ein Zeichen gegen Rassismus. Auch Profis des BVB und Schalke 04 beteiligen sich.
- Politische Botschaften sind im Sport eigentlich verboten. Der DFB-Integrationsbeauftragte Cacau lobt jedoch die Aktion der Bundesliga-Stars.
- „Sport und Politik sind untrennbar. Sport kann gar nicht unpolitisch sein“ - Sportsoziologe Ansgar Thiel fordert, dass politische Diskussionen möglich sein müssen.
Normalerweise nutzt Borussia Dortmund die Fotoplattform Instagram gerne für farbenfrohe Spielszenen, am Dienstag aber veröffentlichte der Klub zahlreiche schwarze Bilder, die die Fußballer des BVB gepostet hatten. Etwa Jadon Sancho. Oder Julian Brandt. Auch Mario Götze. Sie beteiligten sich damit an der weltweiten Solidaritätsaktion #BlackOutTuesday, sendeten Botschaften gegen Rassismus – und setzten nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis ein Zeichen gegen Rassismus.
Fifa fordert bei Botschaften gegen Rassismus: Keine Strafe etwa für die BVB-Profis
Woran sie außerhalb des Rasens glücklicherweise niemand hindern möchte. Derzeit wird jedoch darüber debattiert, ob Protest dieser Art auch während der 90 Spielminuten erlaubt sein soll. Nachdem am Wochenende die vier Bundesliga-Spieler Sancho, Achraf Hakimi, Weston McKennie und Marcus Thuram auf dem Platz Gerechtigkeit für George Floyd forderten und damit weltweit für Aufsehen sorgten. Denn sobald der Anpfiff ertönt, sind politischen Botschaften eigentlich verboten. Nicht nur im Fußball, im Grunde fühlt sich die gesamte Sportwelt der Neutralität verpflichtet.
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Nun aber scheint sich etwas zu verändern, wodurch neue Fragen aufgeworfen werfen. Denn wenn die Fifa etwa fordert, dass die Solidaritätsbekundungen der vier Bundesliga-Profis keine Strafen nach sich ziehen sollen, dann wird es spannend, wie der Weltverband künftig mit anderen Statements umgehen wird. Und wie soll überhaupt die Linie gezogen werden zwischen erlaubten und verbotenen Botschaften. Welcher Protest ist erwünscht? Welcher nicht?
„Gerade im Sport sieht man, wie schmal der Grat ist, freie Meinungsäußerung zuzulassen. Es besteht immer die Gefahr, dass der Verdacht aufkommt, man würde zwischen Gut und Böse unterscheiden“, erklärt Martin Nolte, Leiter des Instituts für Sportrecht an der Sporthochschule Köln. Dies sei regeltechnisch aber nicht gewollt und gehe auch nicht mit den Statuten einher.
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Die strengsten Verhaltensregeln ordnet die Charta des Internationalen Olympischen Komitees an. Im Fußball orientieren sich die Verbände am Maßregelwerk der Fifa. Auch der DFB tut dies, in dessen Regeln es unter anderem heißt, dass die Spieler keine Unterwäsche mit „politischen, religiösen und persönlichen Slogans“ zeigen dürfen, wie es am vergangenen Wochenende die BVB-Profis Sancho und Hakimi getan haben.
DFB-Integrationsbeauftragter Cacau lobt die Aktion
Trotzdem „wäre es ein wichtiges Signal, die Spieler nicht zu bestrafen“, erklärt der DFB-Integrationsbeauftragte Cacau dieser Redaktion. „Ich finde es gut, dass die Spieler Position bezogen haben.“ Der ehemalige Nationalspieler fordert daher eine Diskussion, ob die Regel, die politische Botschaften untersagt, Sinn ergebe.
Kramt man in der Vergangenheit, wurden bislang meistens Geldstrafen verhängt. Granit Xhaka zahlte etwa für seine Doppeladler-Geste, womit er im Schweizer Nationaltrikot gegen Serbien aufgrund seiner albanischen Wurzeln das albanische Wappen formte. Auch Manchester Citys Trainer Pep Guardiola musste Geld überweisen, weil er zeitweise zur Unterstützung der Unabhängigkeit Kataloniens eine gelbe Schleife an seinen Mantel heftete. Die Uefa verhängte nach dem Militärgruß der türkische Nationalspieler in der EM-Qualifikation eine Strafe von 50.000 Euro.
Legendär bleiben die beiden hochgestreckten Fäuste der US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos 1968 auf dem Siegerpodest bei den Olympischen Spielen. Damals mussten sie das olympische Dorf verlassen, bis heute werden sie angefeindet. Denn auch die gesellschaftliche Stimmung kann die Folgen einer Protestaktion bestimmen.
Sportsoziologe: Politische Diskussionen müssen möglich sein
„Sport und Politik sind untrennbar. Sport kann gar nicht unpolitisch sein“, meint Ansgar Thiel. Laut dem Sportsoziologen, der das Institut für Sportwissenschaften an der Universität Tübingen leitet, müsse man daher Sportler schulen, damit sie sich etwa in den sozialen Medien richtig äußern können. Und: „Politische Diskussionen müssen auch in den Klubs oder der Nationalmannschaft möglich sein.“
Wie man eine politische Botschaft gemeinsam vertritt, bewies in jedem Fall der FC Liverpool. Alle Profis knieten gemeinsam in ihrem Stadion am Mittelkreis auf dem Rasen und forderten mit diesem Bild in den sozialen Medien ebenfalls Gerechtigkeit für George Floyd.