Essen. Die Politik erlaubt der Fußball-Bundesliga eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Diese Branche ist immerhin vorbereitet. Ein Kommentar.
Noch in diesem Monat wird die Bundesliga Ball und Beine wieder in Bewegung bringen. Die Politik hat sich nach reiflicher Überlegung dafür entschieden, im Profifußball Spiele ohne Zuschauer zuzulassen. So wie sie auch in einigen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens und der Arbeitswelt erste Schritte auf dem Weg zurück zur Normalität ermöglicht.
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Der Fußball hat zuvor ein ausführliches Konzept für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs vorgelegt. Man kann beklagen, dass es nicht perfekt ist, auch, dass das vorausgesetzte Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten fragwürdig erscheint. Aber: Der Fußball ist immerhin vorbereitet. Jedem Friseur sei sein Geschäft gegönnt, jedem seiner Kunden ein gepflegtes Äußeres – aber wenn hier nicht scharf über nicht einzuhaltende Mindestabstände diskutiert wird, müssen Zweikämpfe beim Fußball in Corona-Zeiten nicht übertrieben skandalisiert werden. Wir sehen Menschenmassen vor Möbelhäusern, diskutieren über die schrittweise Öffnung der Gastronomie - der Fußball aber wird von vielen wegen einer vermeintlichen Sonderrolle gebrandmarkt.
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Es geht um die Erhaltung von 56.000 Arbeitsplätzen
Dass die Stimmung so aufgeheizt ist, dazu hat die Branche einiges beigetragen. Aber wenn Spieler jetzt für abgehoben erklärt und ihre Gehälter angeprangert werden, dann sei die Frage gestattet: Ist das vor Corona niemandem aufgefallen? Es geht jetzt darum, dass Sportunternehmen gerettet werden und 56.000 Arbeitsplätze erhalten bleiben – vergleichsweise wenige davon entfallen auf das überbezahlte kickende Personal. Ohne den Wiederanpfiff hätte rund einem Drittel der 36 Erst- und Zweitligisten der Ruin gedroht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder haben die Entscheidung nicht einfach durchgewunken, sie haben sie sich schwer gemacht. Sie haben in den vergangenen Wochen Expertenmeinungen eingeholt, um sich ein exaktes Bild zu verschaffen. Ein Trainingslager als Quarantäne-Maßnahme soll vor dem Neustart zusätzliche Sicherheit bringen. Die sensibelste Frage aber bleibt: Was genau würde passieren, wenn es während des Spielbetriebs zu einem positiven Corona-Fall im Spielerkreis käme? Müsste dann die gesamte Mannschaft in Quarantäne? Würde dies die Pläne torpedieren, die restliche Saison in einem vergleichsweise kleinen Zeitfenster zu Ende zu bringen? Und auch, dass es möglicherweise doch zu Fan-Versammlungen an Spieltagen kommen könnte, kann trotz aller Appelle an Vorsicht und Vernunft nicht mit hundertprozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden.
„Wir sind noch mehr auf das Mitmachen der Menschen angewiesen“, hat Angela Merkel gesagt. Ob Bund und Länder am Mittwoch richtig entschieden haben, wird man ohnehin erst in ein paar Wochen wissen. Und das nicht nur beim Fußball.