Essen. Der Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann äußert sich eigenwillig zur Corona-Krise. Das hätte er besser gelassen. Ein Kommentar.
Es gibt Menschen, selbst solche, die höchste politische Ämter innehaben, die witterten lange Zeit eine Verschwörung hinter der Corona-Pandemie. Die ganze Angelegenheit sei, so argumentierte eine dieser Personen aus einem fernen Land, ein "Fake", ein "Betrug", erdacht vom politischen Gegner, um ihm im Wahlkampf zu schaden. Die meisten dieser Verschwörungstheoretiker haben mittlerweile eingesehen, dass die Lage ernst, das Coronavirus nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist.
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Einen letzten Verschwörungstheoretiker gibt es noch, ausgerechnet in Deutschland: Der ehemalige Fußball-Nationaltorwart Jens Lehmann fühlte sich der Sport1-Diskussionsrunde Doppelpass dazu berufen, sich über das Virus zu äußern. „Wir“, sagte Lehmann offenbar stellvertretend für das Volk, würden von Politikern und Wissenschaftlern jedenfalls nicht richtig Bescheid bekommen, wie „es sich um das ganze Virus verhält“.
Seinen Aufritt, den Lehmann noch mit Tipps krönte, wie man alsbald wieder Fußballspiele im Stadion vor „20.000 Zuschauern“ abhalten könnte, lässt eigentlich nur eine Gegenfrage zu: „Was, lieber Herr Lehmann soll der Quatsch?“
Man muss schon sehr gründlich weghören, um sich in diesen Tagen nicht ordentlich über das Virus informiert zu fühlen.
Man muss schon entweder komplett böswillig oder empathiefrei sein, um nicht auch die gelegentliche Ratlosigkeit von Wissenschaftlern und Politikern herauszuhören. Alle Generationen machen gerade eine sehr neue Erfahrung durch, fahren, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel formulierte, „auf Sicht“. Das ist ein sehr offenes Eingeständnis, derzeit den Weg aus der Krise nicht zu wissen, ein Eingeständnis, das im Übrigen mehr Mut macht als alle Verschwörungstheorien und Schuldzuweisungen, die aus fernen Ländern von höchster Stelle gelegentlich zu hören sind.
Jens Lehmann war ein sehr guter Torwart, und er versteht vermutlich eine Menge von Fußball. Es wäre gut, wenn er seine gelegentlich originellen Thesen künftig wieder allein in diesem Themenbereich äußern würde.
Selbstverständlich gehört es zu einer funktionierenden Demokratie dazu, dass Fragen gestellt, den Entscheidern, seien es Politiker oder in dieser Ausnahmesituation Wissenschaftler, auch in der Krise genau auf die Finger geschaut wird. Unqualifizierte Tipps und wild-vage von ehemaligen Fußballprofis formulierte Verschwörungstheorien sind dagegen nicht hilfreich. Und das ist jetzt sehr höflich formuliert.