Essen. Manuel Neuer hat den FC Bayern München in einem Bild-Interview scharf kritisiert. Damit schadet er allerdings auch sich selbst. Ein Kommentar.

Manuel Neuer ist einer der ganz großen Sportstars in Deutschland. Der viermalige Welttorhüter hat sich seinen guten Ruf durch herausragende Leistungen, aber auch dank seines vorbildlichen Verhaltens abseits des Fußballplatzes erarbeitet. Neuer ist ein erfolgreicher Musterprofi, den vor allem junge Fußballer bewundern. Umso verwunderlicher ist es, dass ausgerechnet der DFB-Kapitän einen Streit mit seinem Arbeitgeber Bayern München in der Öffentlichkeiteskalieren lässt.

Zusammen mit seinem Berater Thomas Kroth hat Neuer ein mit großer Sicherheit nicht autorisiertes Interview mit Bild geführt, jenem Medium, das zuvor angebliche Vertragsforderungen des Torhüters veröffentlicht hatte. Die Aufregung im Neuer-Lager darüber ist zumindest nachvollziehbar. Dass ausgerechnet das Vorbild Manuel Neuer in dieser für viele Menschen und Unternehmen so schwierigen Zeit ein Jahresgehalt in Höhe von 20 Millionen Euro fordert, kam nicht gut an. Zwar haben Neuer und sein Berater abgestritten, dass sie einen Fünfjahresvertrag fordern, doch der peinliche Versuch, die Nachfrage zu den Konditionen zu umgehen, unterstreicht in diesem Punkt den Wahrheitsgehalt der Berichte. Neuer hat sich das Recht erarbeitet, horrende Summen aufzurufen. Wer aber so viel Geld verdienen möchte, muss auch mit Raffgier-Vorwürfen leben.

Zweifel an Bayern-Torwart Neuer sind nicht respektlos

Neuer und sein Berater rechtfertigen diese hohe Gehaltsforderung mit dem Begriff "Wertschätzung". Die Frage muss erlaubt sein, warum ein Spieler seines Kalibers in aller Öffentlichkeit um die Anerkennung seines Vereins ringt. Neuer gibt in dieser Vertragsposse keine gute Figur ab. Es ist aus Bayern-Sicht legitim, dass die Verantwortlichen zumindest Bedenken haben, dem Weltmeister von 2014 jeden Wunsch zu erfüllen. Zudem haben sie einen potentiellen Nachfolger in Schalke-Torwart Alexander Nübel schon verpflichtet. Das ist nicht respektlos, sondern Teil einer professionellen Beurteilung. Neuer ist 34 Jahre alt und verpasste fast die komplette Saison 2017/2018 aufgrund einer schweren Fußverletzung. Diese Kriterien spielen bei der Analyse eine entscheidende Rolle. Und das offenbar auch bei anderen Vereinen. Denn Neuers emotionalen Vorstoß über die Medien hätte es wohl nicht gegeben, wenn er mehrere lukrative Alternativen besitzen würde.

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Der Bayern-Torwart vermisst bei seinen Vertragsverhandlungen mit dem FC Bayern die Diskretion früherer Zeiten. Dies kenne er von seinem Verein nicht, meint Neuer. Er rückt damit vor allem Hasan Salihamidzic in ein schlechtes Licht. Der Sportdirektor führte die Gespräche federführend mit Oliver Kahn. Neuer wäre jedoch besser beraten gewesen, sich intern über seine persönlichen "Leaks" zu beschweren. Dieser Vorstoß dürfte die weiteren Gespräche deutlich erschweren.

Maulwurf-Vorwürfe haben bei Bayern Tradition

Darüber hinaus ist Neuer freilich nicht der erste Bayern-Angestellte, der sich über mangelnde Diskretion beschwert hat. Maulwurf-Vorwürfe haben an der Säbener Straße fast schon Tradition. Ein geheimes Tagebuch zerrüttete in den 90ern das Verhältnis zwischen Lothar Matthäus und Jürgen Klinsmann. In der jüngeren Vergangenheit beklagten auch die Trainer Niko Kovac, Carlo Ancelotti und Pep Guardiola verbreitete Interna. Dies ist bei einem großen Verein wie dem FC Bayern ein Problem, das sich offensichtlich häufig nicht vermeiden lässt. Gleiches gilt wohl für gekränkte Profis.