Essen. Die Spielergewerkschaft VDV verzeichnet eine hohe Nachfrage zur Kurzarbeit. Geschäftsführer Baranowsky spricht im Interview über die Probleme.
Immer mehr Fußball-Klubs beantragen in der Corona-Krise Kurzarbeit. So haben auch die Regionalliga-Klubs Rot-Weiß Oberhausen und Rot-Weiss Essen auf diese Maßnahme zurückgegriffen, um den finanziellen Einbußen gegenzusteuern. Was das für die Spieler bedeutet, darüber haben wir mit Ulf Baranowsky, Geschäftsführer der Spielergewerkschaft VDV, gesprochen. Er schildert im Interview, wie Gespräche zwischen Spieler und Klubs ablaufen, dass sogar Klubs mit unzulässiger Kündigung drohten und warum Kurzarbeit in der Bundesliga selten ein Thema ist.
Herr Baranowsky, immer mehr Vereine melden derzeit Kurzarbeit an. Wie nehmen Sie die Situation wahr?
Ulf Baranowsky: Die erste Fragewelle unserer Mitglieder ist zum Glück etwas abgeebbt. Anfangs war eine große Nervosität spürbar, gegenwärtig versachlicht sich die Debatte. Insbesondere erreichen uns zahlreiche Fragen von Spielern aus der 3. Liga und den Regionalligen, deren Klubs sie um Zustimmung zur Kurzarbeit bitten.
Wie verlaufen die Gespräche zwischen den Vereinen und den Spielern?
Baranowsky: Glücklicherweise bieten viele Klubs relativ faire Lösungen an, indem sie beispielsweise das Kurzarbeitergeld aufstocken und somit die Last ausgewogen verteilen wollen. Allerdings hatten wir auch schon Fälle, bei denen den Spielern mit Kündigung gedroht wurde, falls sie nicht in Kurzarbeit null einwilligen sollten. Das ist natürlich unzulässig und kann sogar strafrechtliche Folgen für die Klubführung haben. Darum sind wir in diesen Fällen dazwischen gegrätscht.
Kurarbeit null, was meinen Sie damit?
Baranowsky: Das kommt einer Betriebsschließung gleich und bedeutet, dass der Verein die Personalkosten komplett auf die Arbeitsagentur abwälzt und die Spieler zudem erhebliche Einbußen haben. Das hilft nur den Vereinen, während die Spieler und die Arbeitsagentur die Last tragen.
Welche Probleme entstehen für die Spieler?
Baranowsky: Im Profifußball gibt es keine Tarifverträge, in denen Kurzarbeit geregelt ist. Das bedeutet, jeder Spieler muss individuell der Kurzarbeit zustimmen. Insbesondere in der Regionalliga kann es Spieler hart treffen. Ein Beispiel: Ein Spieler verdient monatlich 1800 Euro brutto. Wenn er in der Steuerklasse I ist und keine Kinder hat, verdient er in der Kurzarbeit 780 Euro. Da wird es schon schwer, seine Miete zu bezahlen.
Wie können sich die Spieler davor schützen?
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Baranowsky: Wir beraten die Spieler individuell. Dabei geht es beispielsweise um Möglichkeiten zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes oder Stundungsoptionen. Auch zeitlich befristete Zustimmungen können ein geeignetes Mittel sein. Für den Fall der Arbeitslosigkeit helfen wir als Spielergewerkschaft beispielsweise mit unserem VDV-Proficamp und unserem Laufbahncoaching zum Übergang in die nachfußballerische Berufslaufbahn.
Wie verhält es sich mit dem Versicherungsschutz in der Kurzarbeit?
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Baranowsky: Schwierig! In der Kurzarbeit mit begrenzter Arbeitszeit dürften Spieler grundsätzlich zu Hause trainieren. Passiert dabei ein Arbeitsunfall, ist es aber schwer, dies gegenüber der Berufsgenossenschaft zu beweisen. Im Falle der Kurzarbeit null dürfte ein Spieler überhaupt nicht arbeiten. Auch das ist keine einfache Situation.
Wie sieht die Situation in der Bundesliga aus?
Baranowsky: In der Bundesliga ist die Situation eine andere. Im Spitzenbereich sind die Gehälter natürlich viel höher. Da das Kurzarbeitergeld gedeckelt ist, spielen hier eher andere Lösungsansätze wie Stundungen oder Teilverzichte eine Rolle. Viele Top-Spieler haben bereits angekündigt, ihren Klubs entgegenkommen zu wollen und ebenso signalisiert, mit Spenden Betroffenen helfen zu wollen.
Sehen Sie in der Corona-Krise auch etwas Gutes?
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Baranowsky: Die Corona-Krise ist eine große Herausforderung, bietet aber auch Chancen, wenn es darum geht, den Fußball zukünftig krisenfester aufzustellen. So bieten Tarifverträge rechtssichere Lösungen bei arbeitsrechtlichen Fragen an – beispielsweise auch zur Kurzarbeit. Ebenso können Betriebsräte ausgleichend und systemstabilisierend wirken. Denn auch sie müssen grundsätzlich einer Kurzarbeit zustimmen.