Essen. Borussia Mönchengladbach gegen 1. FC Köln ist heute das erste Spiel ohne Zuschauer. Es folgen weitere Geisterspiele im deutschen Fußball.
Am Dienstag ist das Coronavirus endgültig in der Bundesliga angekommen. Die Ereignisse überschlugen sich im Laufe des Tages. Um 11 Uhr verkündete die Stadt Mönchengladbach, dass das rheinische Derby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln an diesem Mittwoch ohne Zuschauer stattfinden wird. Um 12 Uhr äußerte sich dann Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau zur aktuellen Lage und machte klar, dass das Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 am Samstag vor leeren Rängen ausgetragen wird.
Dabei bezog sich der SPD-Politiker auf einen Erlass der NRW-Landesregierung. Ein Erlass, der um 15 Uhr von Ministerpräsident Armin Laschet und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann vorgestellt wurde. Dieser regelt, dass alle Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern abgesagt werden müssen oder nur unter strengen Auflagen stattfinden können. „Es ist rechtlich bindend“, machte Laschet ausdrücklich klar. Betroffen sind davon neben Messen, Kongressen und Konzerten natürlich auch Sportveranstaltungen – wie etwa die Spiele der ersten drei Profi-Fußballligen.
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Erste Geisterspiele in der Bundesliga
„Es geht hier wirklich um Leben und Tod für die Zuschauerinnen und Zuschauer“, sagte Dortmunds Oberbürgermeister zum Ernst der Lage. Das sei keine Panikmache, sondern eine nüchterne Einschätzung. Dabei weiß er, dass die Entscheidung, das Revierderby ohne Fans auszutragen, sowohl emotionale als auch sportliche Folgen hat. Sierau erklärte, ihm sei bewusst, dass es Menschen gebe, die nun sagten, man nehme ihnen das Spiel des Jahres. Er betonte aber, dass es das oberste Ziel sein muss, die Infektionsketten zu durchbrechen.
Auch auf die Nationalmannschaft wirkt sich das Coronavirus aus: Für das Länderspiel Deutschland gegen Italien am 31. März in Nürnberg wurde der Ausschluss von Zuschauern beschlossen.
Noch bevor am Samstagnachmittag die 81.365 Plätze im Dortmunder Stadion leer bleiben, trifft es an diesem Mittwoch bereits Borussia Mönchengladbach. Das rheinische Derby, das Nachholspiel zwischen den Fohlen und dem 1. FC Köln vom 21. Spieltag, wird das erste Geisterspiel in 57 Jahren Bundesliga-Geschichte sein.
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In der 2. Bundesliga wurden vor leeren Rängen drei Partien ausgetragen – eine davon 2004, als der 1. FC Nürnberg bei Alemannia Aachen zu Gast war. Grund war damals allerdings ein Becherwurf, der zum Abbruch des ursprünglichen Spiels geführt hatte.
Vereine mit Millionenverlusten
„Jetzt ist der Tag eingetreten, den wir uns alle nicht gewünscht haben“, erklärte Gladbachs Geschäftsführer Stephan Schippers, der auch über die finanziellen Folgen eines Geisterspiels sprach: „Das trifft den Verein Borussia Mönchengladbach bis ins Mark.“ Durch ausfallende Zuschauer- und Verkaufseinnahmen am Spieltag brechen der Borussia pro Heimspiel etwa zwei Millionen Euro weg. Beim BVB geht man derweil sogar von einem kalkulierten Verlust von zweieinhalb Millionen Euro aus. Versichert gegen solche Ausfälle sind nicht alle Vereine. Nicht nur aus emotionaler, sondern auch aus kaufmännischer Sicht könnten Geisterspiele also ein schwerer Schlag für einzelne Klubs werden.
Die Stadt Gelsenkirchen verkündete am Dienstagabend, dass die Arena für große Zuschauer-Massen bis auf Weiteres geschlossen bleibt. Schalke droht damit am 21. März gegen den FC Augsburg auch im eigenen Stadion ein Geisterspiel. Doch alle Bundesligavereine sind noch nicht von der neuen Regelung betroffen. Noch am Dienstagnachmittag erklärte Union Berlin, dass das Heimspiel gegen den FC Bayern am Samstag wie geplant stattfinden werde: vor ausverkauften Rängen. „Die Behörden haben Union Berlin informiert, dass sie nach umfangreicher Prüfung der aktuellen Risikobewertung in Bezug auf die Ausbreitung des Coronavirus entschieden haben, keine Anordnung über einen Ausschluss von Zuschauern zu erlassen“, teilte der Verein mit.
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NRW-Ministerpräsident Laschet kann Alleingänge wie diese nicht verstehen. Er fordert die „gesamte Liga“ auf, sich auf eine „gemeinsame Linie“ zu einigen.
Anders als die Vereine müssen sich Fans, die Tickets für die betroffenen Begegnungen erworben haben, allerdings keine Sorgen machen. Sowohl Gladbach als auch Dortmund und Schalke kündigten bereits an, allen Zuschauern die Kartenpreise zu erstatten.
Einige der Anhänger, die ihren Stammplatz für gewöhnlich im Stadion haben, werden jedoch Probleme haben, die Partien ihrer Teams live im Fernsehen zu sehen. Denn sowohl Gladbach gegen Köln als auch Dortmund gegen Schalke werden ausschließlich bei Sky zu sehen sein. Auf viele Fans, die in Erwartung der Geisterspiele fordern, dass die Bundesliga nun frei empfangbar zu sehen sein müsse, äußerte sich der Pay-TV-Sender aus Unterföhring bislang nicht. Ob im Rahmen der Corona-Krise erneut über die TV-Übertragung verhandelt wird, blieb bisher offen. Auch auf Nachfrage dieser Redaktion wollte Sky keine Stellungnahme abgeben.
Coronavirus: Spielabsagen in anderen Ländern
In den Sternen steht auch, wie und ob es in den kommenden Wochen in der Bundesliga überhaupt weitergehen wird. NRW-Gesundheitsminister Laumann erklärte, dass sich das Virus auch in Deutschland weiter „exponentiell ausbreiten“ und die Anzahl der Erkrankten sich erhöhen werde. In Österreich, der Schweiz und Italien wurden aus diesem Grund neben zahlreichen anderen Veranstaltungen bereits Begegnungen der höchsten Fußballligen komplett abgesagt.
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Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass es in Deutschland zu ähnlichen Konsequenzen kommen könnte, obwohl stets auf die Terminnot hingewiesen wird. Mit Blick auf den Europapokal und die im Juni anstehende Europameisterschaft wäre ein Verschieben von ganzen Spieltagen fast unmöglich. Noch geht die Uefa davon aus, dass das Turnier im kommenden Sommer wie geplant stattfinden kann.
Mit Blick auf die mögliche Bedrohung durch das Coronavirus kann sich allerdings auch das noch ändern. Sicher scheint aktuell nichts. Außer, dass die Welt „realisiert, dass es im Moment wichtigere Dinge gibt als Fußball“, wie es Liverpools Trainer Jürgen Klopp zusammenfasst.