Frankfurt. 20 Teams für die EM in zwölf Ländern stehen fest. Vier weitere werden in Play-offs ermittelt. Nach der Auslosung bleibt manches unklar.

Als die EM-Qualifikation geschafft war, setzte sich Bundestrainer Joachim Löw mit seinen Mitarbeitern zusammen, um zu sehen, was im Sommer 2020 auf ihn zukommen könnte. „Da haben wir die ganze Geschichte mal auseinandergenommen“, sagt er. Die Erkenntnis: „Das ganze Verfahren ist nicht so einfach.“

Das ist noch gewaltig untertrieben. Für sein pan-europäisches Turnier mit zwölf Gastgeberländern hat der europäische Fußball-Verband Uefa einen Qualifikationsmodus ersonnen, der eine Wonne für Menschen sein dürfte, die sonst Spaß an der Bundesmehrarbeitsvergütungsverordnung oder der BEEG-Kündigungsschutzverwaltungsvorschrift haben. Dem Rest bleibt vieles erst einmal ein Rätsel.

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Auch DFB-Direktor Oliver Bierhoff, zuständig für alles Organisatorische rund um die Nationalmannschaft, musste sich nach dem 6:1-Sieg gegen Nordirland erst von Journalisten erklären lassen, dass seine Mannschaft nun in der Gruppenphase der EM in jedem Fall drei Heimspiele in München hat.

Warum wird überhaupt in zwölf Ländern gespielt?

Das ist das Erbe des wegen Ethik-Vergehen gesperrten früheren Uefa-Präsidenten Michel Platini. Der verkaufte die Idee als besonderes Ereignis zum 60. Geburtstag des Turniers. Er dürfte aber auch seine treuen Stimmenbeschaffer in kleinen Fußballverbänden im Kopf gehabt haben, die eher nicht in der Lage sind, die auf 24 Teilnehmer aufgeblähte EM alleine zu stemmen – nun aber zu den Gastgeberländern gehören.

Wie soll das funktionieren?

Die zwölf Austragungsorte werden in sechs Gruppen gepaart. Qualifiziert sich ein Gastgeberland für die EM, landet es automatisch in seiner Gruppe. Deutschland trägt also seine Vorrundenspiele in München aus – und weil Co-Gastgeber Ungarn nicht direkt qualifiziert ist, gibt es drei Heimspiele. Ansonsten hätte gelost werden müssen, wo die Partie gegeneinander stattfindet.

Wer sind die deutschen Gegner?

Die Auslosung ist am 30. November. Deutschland ist dank sieben Siegen aus acht Qualifikationsspielen in Topf eins. Da Gastgeberländer als mögliche Gegner ausscheiden, bleiben übrig: Frankreich, Polen, die Schweiz und Kroatien aus Topf zwei, Portugal, die Türkei, Österreich, Schweden und Tschechien aus Topf drei. Zu Topf vier später mehr.

Wissen andere Teilnehmer schon genauer Bescheid?

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Ja. Die Co-Gastgeber Russland und Dänemark treffen in Gruppe B auf­einander – und auf Belgien. Theoretisch wäre in Topf eins auch die Ukraine als Nicht-Gastgeberland verfügbar gewesen, doch hier greift eine weitere Besonderheit: In der Gruppenphase sind politisch brisante Duelle ausgeschlossen. Russland darf also nicht gegen die Ukraine oder den Kosovo spielen, der zudem nicht gegen Serbien oder Bosnien-Herzegowina.

Was ist denn jetzt mit Lostopf vier?

Atmen Sie noch einmal durch, jetzt wird es richtig unterhaltsam: Bislang sind 20 von 24 Plätzen bei der EM vergeben. Die übrigen vier werden über Play-offs ermittelt – und dabei spielt die erstmals ausgespielte Nations League eine Rolle. Die jeweils vier Gruppensieger der Ligen A bis D spielen pro Liga einen Teilnehmer aus. Das führt dazu, dass von den fußballerischen Leichtgewichten Georgien, Nordmazedonien, Kosovo und Weißrussland eines in jedem Fall dabei ist, während stärkere Mannschaften wie Island, Schottland, die Slowakei oder Rumänien größtenteils auf der Strecke bleiben. Und es gibt einige praktische Fallstricke: Weil viele Gruppensieger längst qualifiziert sind. Von den zwölf Mannschaften aus Liga A haben es elf auf direktem Weg geschafft, nur Island bleibt übrig. Die Nordeuropäer hätten sich also erlauben können, sämtliche Nations-League- und Qualifikationsspiele zu verlieren, und wären immer noch im Rennen. Die übrigen Plätze werden mit Mannschaften aus Liga C aufgefüllt – welche genau das sind, wird am Freitag ausgelost. Warum aus Liga C? Weil auch aus Liga B die meisten Teams direkt qualifiziert sind.

Was bedeutet dies für die deutsche Gruppe?

Eine der Mannschaften in den Play-offs ist Ungarn, das im Falle der Qualifikation in der deutschen Gruppe landen würde. Allerdings könnte in Rumänien oder Schottland ein weiterer Gastgeber im gleichen Qualifikationspfad landen, der ja in eine ganz andere Gruppe gehört. Weil die Uefa als Bonus-Komplikation schon am 30. November auslost, die Play-offs aber erst im März sind, kann sich also auch nach der Auslosung noch etwas verändern. Mögliche Gegner sind daher auch Norwegen, Serbien, Bulgarien, Israel und Island sowie die Sieger aus Pool D, in dem die Außenseiter Georgien, Nordmazedonien, Kosovo und Weißrussland um ein EM-Ticket spielen.