München. Der FC Bayern empfängt in der Champions League Olympiakos Piräus. Es ist die erste Prüfung für Hansi Flick nach der Entlassung von Niko Kovac.
Ein paar Momente blieb Hansi Flick nach seiner ersten Pressekonferenz als Trainer des FC Bayern noch auf dem Podium. In aller Ruhe saß er dort noch eine halbe Minute, trank Wasser und strahlte so gar keine Eile aus, das Rampenlicht vor fast 50 Medienvertretern, darunter ein gutes Dutzend Kamerateams, zu verlassen.
Dass dem 54-Jährigen dennoch nicht zu Unrecht nachgesagt wird, über den zurückhaltenden Charakter eines Mannes der zweiten Reihe zu verfügen, hatte sich zuvor gezeigt, als er den bisherigen Trainer Niko Kovac lobte und zuweilen sogar verteidigte, nachdem dieser sich am Dienstagmorgen von der Mannschaft verabschiedet hatte.
Salihamidzic ruft zur Dinner-Zeit an
Flicks Denke kam auch zum Ausdruck, als er davon berichtete, dass er von Sportdirektor Hasan Salihamidzic am Sonntagabend beim Dinner mit seiner Frau einen Anruf erhalten hatte und aufgefordert worden war, binnen einer Stunde ins Büro zu kommen, um darüber zu sprechen, ob er die Nachfolge von Kovac antreten könne, zumindest vorerst. „Für mich war klar, auch aus Loyalität dem Verein gegenüber, dass ich das mache“, sagte Flick und fügte ohne Scheu hinzu: „Ich freue mich auf das, was kommt.“
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Inhaltlich grenzte sich der bisherige Assistent Flick vom verabschiedeten Cheftrainer allerdings durchaus ab. „Agieren, die Initiative ergreifen, nach vorne verteidigen und den Ball haben wollen“ solle seine Mannschaft an diesem Mittwoch gegen Olympiakos Piräus (18.55 Uhr/Sky) in der Champions League, um den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale zu erreichen.
Martinez und Müller bekommen Startelf-Garantie
Neben dieser klaren Idee kündigte er „einige Änderungen“ an, sowohl taktisch als auch personell, und gab den unter Kovac weniger berücksichtigen Javier Martinez und Thomas Müller eine Startelfgarantie. Flick, hatte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge gesagt, „genießt unser Vertrauen, und ich denke, dass er im Moment der richtige Mann ist.“ Unterstützt von Hermann Gerland als Assistent und zumindest für Piräus und das folgende Bundesliga-Topspiel gegen Borussia Dortmund.
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Gestützt wird Rummenigges These durch Flicks Ansehen in der Mannschaft und die Annahme, dass er bei ihr mehr Gehör finden dürfte mit seinen Vorgaben, zumal er auch als Fachmann geschätzt wird. Seit Sommer ist er beim FC Bayern und erwarb sich schnell die Sympathien der Spieler. Das lag auch daran, dass einige in Kovac schon länger keinen Verbündeten mehr sahen. Und es lag auch an Flicks freundschaftlicher Art. Das auffälligste Beispiel dafür lieferte das Spiel gegen seine früheren Hoffenheimer, als Martinez sehr geknickt auf der Bank saß und Flick ihn tröstend in den Arm nahm.
Sieg als Löw-Ersatz bei der EM 2008
Der zuverlässige, fleißige, ruhige und nicht ins Rampenlicht drängende Flick ist nun vor allem in einer Rolle gefordert, die sich Menschen gemeinhin in Notlagen von einem Polizisten erhoffen: als Freund und Helfer. Wer die jüngsten Spiele verfolgte, diese ziemlich zusammenhanglosen, verunsicherten und beim 1:5 gegen Frankfurt auch von Zerfallserscheinungen geprägten Auftritte, sah, dass die Not gerade sehr groß ist.
Und man ahnt, dass es schon viel bewirken kann, wenn nun draußen ein Trainer steht, den die Spieler mögen und dem sie vertrauen. Auch wenn dieser noch kein Spiel in der Champions League oder Bundesliga gecoacht hat, als hochklassige Referenz aber immerhin eine hundertprozentige Siegquote vorweisen kann, durch das 3:2 der Nationalmannschaft gegen Portugal im EM-Viertelfinale 2008 gegen Portugal, als Bundestrainer Joachim Löw gesperrt auf der Tribüne saß.
Ganz grundlegende Verbesserungen der zuletzt sehr grundsätzlichen Defizite bei den Bayern dürfen in der Kürze der Zeit aber wohl kaum erwartet werden. „Dass man nicht alles ändern kann, ist klar“, sagte Flick. Als bisher einzige Einheit stand ihm das Abschlusstraining vor Piräus zur Verfügung, um sportlich auf die Mannschaft einzuwirken, was er auch mit bestärkenden Einzelgesprächen mit allen Spielern erreichen möchte. Allerdings: Den verletzten Verteidigern Niklas Süle und Lucas Hernandez kann aber auch Flick nicht durch Handauflegen zu einer plötzlichen Genesung verhelfen.