Dortmund. Viele Erkenntnisse lieferte das Duell Deutschlands gegen Argentinien nicht. Im Hinblick auf die EM 2020 sind noch nicht alle Teilchen beisammen.
2:2 gegen Argentinien – welche Erkenntnisse lieferte dieses Länderspiel eines deutschen B-Teams? Das ist die zentrale Frage nach der Partie in Dortmund. Eine simple Frage, auf die es aber nur eine höchst komplizierte Antwort gibt.
14 Ausfälle - darunter Leistungsträger wie Kroos und Sané
Bei 14 Ausfällen, darunter Leistungsträger wie Leroy Sané oder Toni Kroos, blieb der Mehrwert der Neuauflage des WM-Finales von 2014 einerseits nur bedingt. Andererseits konnten aber diejenigen, die sich gegen Argentinien dann doch einsatzbereit zeigten, sehr wohl Joachim Löws neue Spielidee sehr anschaulich präsentieren. Zumindest für 60 Minuten. „Wir hatten viele gute Ballgewinne, haben dann immer sehr schnell nach vorne gespielt“, sagte Leverkusens Kai Havertz, der einer der Hauptfiguren von Löws neuem Faible für das schnelle Umschaltspiel werden könnte. Während seine Mannschaft noch einen Monat zuvor, beim 2:4 gegen die Niederlande, mit dem geforderten Überfallfußball zu fremdeln schien, zeigte Löws Team in der ersten Halbzeit in Dortmund, dass der mutmaßliche Außenseiterfußball möglicherweise doch gar nicht so eine schlechte Idee ist. Vielleicht auch deswegen, weil das DFB-Team ein Dreivierteljahr vor der Europameisterschaft eben genau dies ist: ein Außenseiterteam.
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„Ich gehe nicht davon aus“, hatte DFB-Direktor Oliver Bierhoff schon vor dem Argentinienspiel bei einem Diskussionsabend mit Lesern der Zeitungen der Funke-Mediengruppe in Bottrop proaktiv angekündigt, „dass wir als Mitfavorit zur EM fahren.“
Bierhoffs Worte untermauerten im zweiten Durchgang nicht nur die erschöpften Spieler, die den Südamerikanern ab dem ersten Gegentor durch Bayers Lucas Alarìo nicht mehr viel entgegen setzen konnten. Auch Löw bewies einmal mehr, dass er sich durchaus schwer mit Veränderungen während eines Spiels tut. Auf die argentinischen Umstellungen reagierte der Nationaltrainer nicht – und hatte so auch einen Anteil daran, dass die in der ersten Halbzeit sehr gut funktionierende Fünferkette zum Ende des zweiten Durchgangs immer mehr zur Fehlerkette mutierte.
Werner und Reus können am Sonntag in die Startelf zurückkehren
Auch das Personalpuzzle dürfte dem Bundestrainer in den kommenden Monaten bis zur EM noch so einige Kopfzerbrechen bereiten. So hat er für seine Spielidee in der Offensive zwar die Qual der Wahl, sobald alle wieder fit sind. Allerdings scheint im Hier und Jetzt lediglich Bayerns Serge Gnabry als essenzielles Puzzleteil festzustehen. „In den letzten Monaten hat Serge bei uns überragende Spiele und einen unglaublichen Schritt nach vorn gemacht“, lobte Löw. Gegen den Vizeweltmeister von 2014 habe er am Mittwoch „die ganze Abwehr eine Halbzeit lang verunsichert.“
Immerhin: Gegen Estland könnten am Sonntag bereits sowohl Marco Reus als auch Timo Werner in die Startelf zurückkehren und Gnabry beim Versuch, dem 8:0 aus dem Hinspiel nachzueifern, unterstützen. „Estland ist ein ganz anderer Gegner als Argentinien“, sagt Puzzlemeister Löw. „Estland spielt zurückgezogen. Sie verteidigen in erster Linie ihr Tor. Da brauchen wir einen offensiven Spieler mehr auf dem Platz. Da wird es Wechsel geben.“
Die soll es auch im Mittelfeld und in der Abwehr geben. Löw hofft in Tallinn auf die Rückkehr vom muskellädierten Ilkay Gündogan und vom kranken Jonathan-Tah-Ersatz Niklas Stark. Im EM-Puzzle sollen später natürlich auch noch Real Madrids Toni Kroos und Antonio Rüdiger vom FC Chelsea wichtige Teile werden.