Dortmund. 2:2 endete das Länderspiel zwischen Deutschland und Argentinien. Die Not-Elf des DFB hinterließ in der ersten Hälfte einen guten Eindruck.
Als Schiedsrichter Clément Turpin nach zwei komplett unterschiedlichen Halbzeiten und insgesamt 92 Minuten abpfiff, war die Stimmungslage bei den 45.197 Zuschauer im Dortmunder Signal-Iduna-Park und den 22 Herren auf dem Rasen durchaus gemischt. 2:2 endete die Neuauflage des WM-Finales von 2014, was zumindest ein Großteil der deutschen Mannschaft eher mit einem reflexartigen Kopfschütteln quittieren sollte.
14 Elitefußballer fehlen dem DFB-Team
Vor der Partie war allerdings zunächst weniger von den anwesenden als viel mehr von den abwesenden Spielern die Rede. Besonders, als kurz vor dem Anpfiff auch noch bekannt wurde, dass mit Hertha-Innenverteidiger Niklas Stark der 14. (!) Elitefußballer ausfallen würde. Magen-Darm-Probleme lautete die Diagnose, die nach der Absagenflut der vergangenen Tage zur Gemütsstimmung Joachim Löws („Die Grenze der Belastbarkeit ist erreicht“) passte. Die Abwesenheitsliste der Argentinier konnte da nummerisch zwar nicht ganz mithalten, las sich dafür aber wie eine Vorschlagsliste zur Wahl des Weltfußballers. Kein Lionel Messi. Kein Gonzalo Higuain. Kein Angel di Maria. Und auch kein Sergio Agüero.
Je elf dienstfähige Fußballer haben beide Nationalmannschaften dann aber doch noch gefunden. Und die erste große Überraschung des Spiels: Obwohl Joachim Löw mit Niklas Süle und dem nachnominierten Freiburger Robin Koch lediglich noch zwei gesunde Innenverteidiger zur Verfügung hatte, vollbrachte der Bundestrainer dennoch das Kunststück, in der Abwehr auf eine Fünferkette zu setzten. Juventus Turins etatmäßiger Mittelfeldmann Emre Can rückte ausnahmsweise in Deutschlands Abwehrzentrum.
Gnabry erzielt seinen zehnten Treffer im elften Länderspiel
Wer nun aber dachte, dass Löws auf dem Papier ultradefensive 5-4-1-Anordnung ausschließlich auf das Zerstören aus war, der irrte. Und zwar ganz gewaltig. Es dauerte lediglich ein Viertelstündchen, ehe die Vorgabe des Bundestrainers, aus einer kompakten Abwehr blitzschnell umzuschalten und La albiceleste überfallartig zu überraschen, erstmals umgesetzt wurde. Dabei durfte Julian Brandts Großchance nach knapp 15 Minuten durchaus als Warnschuss verstanden werden.
Was folgte, waren trotz der Verletztenmisere die wahrscheinlich besten sechs Länderspiel-Minuten des Jahres. Den Anfang machte Serge „Wer denn sonst?“ Gnabry, der sich nach famoser Vorarbeit Lukas Klostermanns über seinen zehnten Länderspieltreffer im elften DFB-Einsatz freuen durfte. Zwei weitere Chancen (Gnabry/17. und Koch/18.) später war es dann der zuletzt viel gepriesene Kai Havertz, der das formidable Sechs-Minuten-Powerplay nach erneuter Top-Vorbereitung durch Klostermann und Gnabry vollendete.
2:0 nach 22 Minuten – wer hätte das gedacht? Und zur ganzen Wahrheit gehörte auch, dass die Stadionregie fast noch ein drittes Mal in der ersten Halbzeit den 20 Jahre alten Techno-Hit „Kernkraft 400“ von Zombie Nation, der seit Kurzem als sogenannter Tor-Jingle der deutschen Mannschaft fungiert, hätte einspielen müssen. Doch weil Marcel Halstenberg nur das Lattenkreuz traf (31.) und der wieder einmal herausragende Gnabry knapp vorbei zielte (45.), blieb es bis zum Pausenpfiff vorerst beim gnädigen 2:0.
Nur ein Zeitzeuge aus dem WM-Finale 2014 auf dem Platz
Und die Argentinier? Boten eine Mischung aus Nichts und Nada. Rodrigo de Paul traf einmal den Pfosten. Und Manchester Uniteds Marcos Rojo durfte sich immerhin darüber freuen, letzter verbliebener Zeitzeuge des WM-Finales von 2014 auf dem Platz zu sein.
Weder das eine noch das andere reichten aus, Lokalmatador Roman Weidenfeller nachhaltig zu beeindrucken. Der frühere BVB-Torhüter, dessen Meinung in der Halbzeitpause gefragt war, unterstrich viel mehr „den spritzigen Fußball“ und „die klasse Leistung der jungen deutschen Mannschaft“.
Lediglich Jürgen Klinsmann wollte dem Braten in der Halbzeitpause noch nicht trauen. Beim Haussender RTL warnte der Ex-Bundestrainer, dass man die Argentinier noch nicht abschreiben dürfe. „Das wird noch eine ganz heiße zweite Hlabzeit“, orakelte Klinsmann – und sollte trotz einer weiteren Großchance durch Can (55.) recht behalten.
Alario und Ocampos gleichen für Argentinien aus
Leverkusens Lucas Alarìo brauchte nach seiner Einwechslung nach einer guten Stunde nicht einmal fünf Minute, ehe er es dank eines sehenswerten Kopfballs zum 1:2 noch einmal spannend machte (66.). Doch weil eben jener abgezockter Alarìo sich bei seinen Chancen Nummer zwei (78.) und drei (79.) als dann doch nicht ganz so abgezockt erwies, blieb es beim 2:1. Vorerst. Denn in Sachen Abgezocktheit wollte der ebenfalls eingewechselte Lucas Ocampos dann auch noch ein Wörtchen mitreden – und hielt Wort. Per Direktabnahme traf der Sevilla-Legionär zum 2:2 – woran sich dann bis zum Ende auch nichts mehr ändern sollte.