Essen. Nach dem Champions-League-Triumph ist der 52-Jährige der beste Trainer der Welt. Diese fabelhafte Karriere begann mit einer Idee am Rosenmontag.
Der Erfolg hat Jürgen Klopp verändert, also äußerlich. Die Haare sind voller, die Zähne strahlen weißer, die Brille würde auch in Berlin-Mitte verzücken. Als am Montagabend bei der Gala des Weltverbandes Fifa in Mailand der Name des 52-Jährigen verkündet wurde, da marschierte ein Weltmann im feinen Smoking mit Fliege und Manschettenknöpfen auf die Bühne, um die Auszeichnung zum Welttrainer des Jahres entgegenzunehmen. Während ihm Stars wie der beste Fußballer dieses Jahres, Lionel Messi, applaudierten. Mehr geht nicht.
Klopp thront jetzt ganz oben.
Die Karriere von Jürgen Klopp: klingt fast zu kitschig
Was deswegen eine so fabelhafte Geschichte darstellt, weil da am Montag jemand im glitzernden Scheinwerferlicht eine gute Figur machte, der früher als Zweitliga-Profi von der großen Bühne eigentlich so weit entfernt war wie sein damaliger Klub FSV Mainz von der Bundesliga. Und der sich, lässt man die Äußerlichkeiten mal weg, durch den Erfolg eben kaum verändert hat. Zumindest in seiner Arbeitsweise. Immer noch paart Klopp Lockerheit mit Disziplin, motiviert er, fordert er, unterstützt er, schimpft er. Mit dieser Mischung schafft er es, auch die Stars des FC Liverpool zu ungeahnten Höhen zu pushen. Denn am Ende der vergangenen Saison stemmte er gemeinsam mit seinen Spielern den Champions-League-Pokal in die Madrider Nachtluft.
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„Ganz schön schwer“, sagte Klopp nun in Mailand über die Trophäe, die er aufgrund des Königsklassen-Erfolgs verliehen bekam. Er lächelte dabei schelmisch, so wie man das kennt, betonte dann aber ernsthaft: „Das hätte niemand erwartet, als ich angefangen habe.“
Wie auch? Denn diese bemerkenswerte Trainer-Karriere begann mit einer verrückten Idee, die auch noch an einem Rosenmontag entstand. Klingt fast zu kitschig. Deswegen lässt man sich dies am besten von dem Mann erklären, dem der Einfall mitten in der Karnevalszeit kam: Christian Heidel.
Der 56-Jährige erholt sich gerade in der Reha von seinem Schlaganfall. Es gehe ihm gut, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion und berichtet, dass er in den vergangenen Wochen aufgrund seiner Erkrankung häufig mit Jürgen Klopp telefoniert habe. „Wir haben dabei viel über seinen besonderen Weg gesprochen. Auch er kann den kaum nachvollziehen und sagt, dass er viel Glück gehabt habe“, erklärt der Ex-Schalke-Sportchef.
2001 arbeitete Heidel noch als Manager in Mainz und entwickelte den Plan, seine Zweitliga-Elf künftig einem Spieler aus der eigenen Mannschaft anzuvertrauen. Und da Klopp verletzt war, „ist bei mir am Rosenmontag die Idee entstanden: Der macht das jetzt!“ Und Klopp machte es. Erst für eine Partie, dann bis zum Ende der Saison, schließlich sieben erfolgreiche Jahre lang mitsamt Bundesliga-Aufstieg. Vor allem: „Ihm ist es dreimal gelungen, nicht nur einen Verein, sondern auch eine ganze Region zu verändern. Er begeistert Menschen“, meint Heidel.
Heidel über Klopp: „Er ist so bekloppt“
Denn Klopp führte auch Borussia Dortmund von 2008 bis 2015 nach oben, er gewann die Meisterschaft (2011) und das Double (2012). Mittlerweile arbeitet er seit vier Jahren in Liverpool, der Klub steht derzeit an der Tabellenspitze in der englischen Premier League.
Die Motivationsfähigkeit des Trainers funktioniert also auch auf dem höchsten Niveau. Nur so konnten die Liverpooler in der vergangenen Spielzeit das Kunststück vollbringen, im Halbfinal-Rückspiel der Königsklasse eine 0:3-Niederlage gegen den FC Barcelona aufzuholen. Nur so gewannen sie anschließend auch das Finale. Christian Heidel mahnt allerdings, Klopp nicht nur auf die Ansprachen zu reduzieren. „Sein fachliches Know-how wurde oft vernachlässigt“, sagt er. „Und das Wichtigste ist: Er ist kein Schauspieler. Er ist so bekloppt. Er ist immer Klopp – und das meine ich nur positiv.“
Deswegen eckt Jürgen Klopp durchaus auch an. Schiedsrichter wurden von ihm schon häufiger angegriffen, Journalisten schon häufiger runtergeputzt. Zudem erlebte er einige Rückschlage. Vor dem Königsklassen-Erfolg verlor er sechs Finalspiele. Jetzt aber thront er oben.
Und nun? „Ich weiß, dass er sich darüber zurzeit überhaupt keinen Kopf macht“, erklärt Heidel. „Ihm ist es wichtig, dass er Freude daran hat, was er macht.“