Berlin. Bei der Generalversammlung der Deutschen Fußball-Liga wird deutlich: Die Interessen der großen und der kleineren Klubs sind zu unterschiedlich.

Christian Seifert wählte große Worte. Worte, die einst der spätere US-Präsident Abraham Lincoln im Wahlkampf verwendet hatte und die nun der neue starke Mann im deutschen Fußball den Vertretern der 36 Profiklubs zurief: „Jedes Haus, das in sich uneins ist, wird nicht bestehen.“ Und weiter: „So wie es in den letzten Wochen war, kann es nicht weitergehen.“

Nur vordergründig Einigkeit bei der Generalversammlung

Dabei herrschte vordergründig große Einigkeit im Berliner Hotel Maritim, wo die Deutsche Fußball-Liga am Mittwoch zu ihrer Generalversammlung zusammengekommen war. Reinhard Rauball, der scheidende DFL-Präsident, wurde nach zwölf Jahren an der Ligaspitze mit viel Applaus und großen Emotionen verabschiedet. Einen Nachfolger gibt es nicht, der bisherige Geschäftsführer Seifert ist nun Sprecher des Präsidiums. Zu seinem Stellvertreter, der gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der DFL GmbH ist, wurde – ohne einen Gegenkandidaten – Peter Peters gewählt, der Finanzvorstand des FC Schalke 04. Überhaupt fand sich für fast jeden freien Posten in den Gremien exakt ein Kandidat, nur um einen Platz im Aufsichtsrat und im Lizensierungsausschuss gab es eine Kampfabstimmung.

Watzke und Rummenigge verärgert

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Alles ruhig also an der Oberfläche. Darunter aber brodelt es gewaltig, das war am Vorabend klar geworden. Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans Joachim Watzke hatte beim informellen Vortreffen seine Kandidatur für das DFL-Präsidium und den Aufsichtsrat zurückgezogen – verärgert über eine Allianz, die sich gegen ihn gebildet hatte: Klubs aus dem Mittelbau des deutschen Profifußballs wie Werder Bremen, Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart, 1. FC Köln, Hamburger SV und Hertha BSC hatten sich organisiert, wollten den eigenen Einfluss mehren und verhindern, dass von neun Plätzen im Präsidium drei den großen Klubs, also dem BVB, Bayern München in Person von Jan-Christian Dreesen und Schalke, zugeschlagen werden – wirtschaftlich gehören die Königsblauen nach wie vor zu den Schwergewichten.

Watzke hätte nach Meinung einiger Insider gute Chancen gehabt, trotzdem gewählt zu werden – zog es aber vor, ein Zeichen zu setzen. Und nicht nur er war empört. „Noch nie seit Gründung der DFL habe ich es erlebt, dass es so eine Separierung der Interessenlage gab und dass das Fell des Bären vorzeitig verteilt werden sollte“, schimpfte Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge. „Das war absolut nicht okay.“

Kleine und mittelgroße Klubs haben sich durchgesetzt

Von den sieben gewählten Präsidiumsmitgliedern – zwei der neun Sitze sind fest an die DFL-Vertreter Christian Seifert und Ansgar Schwenken vergeben – sind nun drei aus der Zweiten Liga, hinzu kommen Oliver Leki vom SC Freiburg und Alexander Wehrle vom 1. FC Köln. Die kleinen und mittelgroßen Klubs haben sich durchgesetzt, ausgestanden aber sind die Konflikte noch nicht: 2021 endet die aktuelle TV-Rechteperiode. Schon im kommenden Jahr muss die Ausschreibung der Übertragungsrechte organisiert werden – und dann geht es an die Verteilung des Geldes, das für die Klubs einen wesentlichen Teil ihrer Einnahmen ausmacht.

Der Kampf um die TV-Gelder

Genau darin liegt ja der Kern des aktuellen Konflikts: Die Liga vermarktet die Übertragungsrechte zentral, der Verteilungsschlüssel wird im Präsidium beschlossen. Und die kleineren Klubs wollen ein größeres Stück vom Kuchen. „In den letzten Jahren ist die Schere zwischen Platz eins und 18 in den beiden Bundesligen immer weiter auseinander gegangen“, meinte ein Klubvertreter am Rande der Veranstaltung.

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Die Dortmunder und Bayern dagegen finden, dass ja nur dank ihnen das Geld so üppig strömt – und lassen unverhohlen durchblicken, dass es ja auch Alternativen zur Zentralvermarktung gäbe, wenn die kleineren Klubs den Bogen überspannen. „Wir müssen internationale Konkurrenzfähigkeit und nationale Wettbewerbsfähigkeit in Einklang bringen“, mahnt Seifert. Denn nur durch internationale Erfolge lasse sich das Zuschauer-Interesse erhalten. „Wir werden in aller Offenheit diskutieren müssen, wie wir diesen Spagat schaffen“, so Seifert.

Offen – aber bitte nicht mehr öffentlich, das ist sein Wunsch. Ob das gelingt, wird maßgeblich von ihm selbst und seinem Stellvertreter Peter Peters abhängen.