Grenoble. . Die Ausnahmespielerin von einst begleitet die deutsche Elf als Psychologin bei der WM. Wie schon zu aktiven Zeiten scheut sie die Öffentlichkeit.
Almuth Schult hat sich bisher nichts zuschulden kommen lassen. Drei Spiele, kein Gegentor. Das ändert sich jedoch im Training. Wenn eine dunkelhaarige Frau auf sie zukommt und den Ball scheinbar mühelos nach kurzer Körpertäuschung an der Torhüterin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft vorbei lupft. Das war in Lille so, vor dem zweiten Spiel gegen Spanien. Das war in Montpellier so, vor dem dritten Spiel gegen Südafrika. Da revanchierte sich Schult einmal im Training, boxte der Dunkelhaarigen im Testspiel mit beiden Fäusten in den Rücken. Die Gegnerin stürzte und erhob sich dann. Ohne verärgerten Blick. Mit einem Lächeln.
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Es gibt sie also: Augenzeugen, die sie vor Ort gesehen haben. Bilder, die sie während der Spiele in der Nähe des Teams zeigen. Doch das war es dann auch. Es gibt dieses große Mysterium im Umfeld der deutschen Mannschaft bei dieser WM in Frankreich um einen der größten Stars des Frauenfußballs, den man ab und an zu Gesicht, den kein Journalist aber vors Mikrofon bekommt. Der schon vor dem Turnier Interviewwünsche an sich abprallen ließ. Unnahbar. Zu sehen, aber nicht zu greifen. Birgit Prinz – das Phantom.
Star wider Willen
Birgit Prinz – der Name war einmal fast ein Synonym für Frauenfußball. Keine spielte so häufig in der Nationalmannschaft wie die 41-Jährige (214-mal), keine feierte Erfolge wie sie. Zweimal Weltmeisterin, fünfmal Europameisterin, dreimal Weltfußballerin, neunmal Deutsche Meisterin mit dem 1. FFC Frankfurt. Keine verschwand nach dem Karriere-Ende so schnell von der Bildfläche wie sie, die immer nur Fußball spielen, aber nie groß darüber sprechen wollte. Interviews waren nur lästige Pflicht, die gebürtige Frankfurterin war immer schon ein Star wider Willen. Nun aber ist sie wieder da, wo sie gar nicht mehr sein wollte, im Blickfeld der Öffentlichkeit. Allerdings in neuer Rolle. Zwar mag Birgit Prinz im Training noch immer den Tor-Instinkt von einst demonstrieren, mit dem sie als Stürmerin insgesamt 128-mal im deutschen Trikot traf. Doch die Frankfurterin hat nur eine unterstützende Aufgabe, sie begleitet die Mannschaft phasenweise als Teampsychologin.
„Als Ansprechpartnerin ist sie für uns sehr wichtig, sie steht uns mit Rat und Tat zur Seite“, sagt Mittelfeldspielerin Svenja Huth. „Wir sind froh, dass sie dabei ist“, sagt Abwehrspielerin Leonie Maier. Auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg erahnte die Notwendigkeit einer psychologischen Begleitung für ihre neu formierte Mannschaft, die im Durchschnittsalter die jüngste des Turniers ist, mit 15 WM-Neulingen, darunter die Teenager Lena Oberdorf (17), Klara Bühl (18) und Giulia Gwinn (19). Also fragte sie, ob Hilfe gebraucht werde im Umgang mit Druck und Erwartungen. Die Mehrheit der Spielerinnen bejahte. Und Voss-Tecklenburgs Wahl fiel auf jene ehemalige Mitspielerin, mit der sie 1995 und 1997 Europameisterin wurde: Birgit Prinz.
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Die hatte schon zum Karriere-Ende im Jahr 2011 ihr Psychologiestudium abgeschlossen und arbeitet als Psychologin beim Bundesligisten TSG Hoffenheim. Die Bundestrainerin musste also nicht lange überlegen. Ihr Urteil über Birgit Prinz: „Sie hat eine tolle Ausbildung und viel Erfahrung in ihrem Berufsfeld gesammelt. Und sie hat eben diese Glaubwürdigkeit, weil sie das alles selbst erlebt hat.“
Vorbereitung auf die nächste Runde
Deshalb nahm Birgit Prinz in der Vorrunde häufig auch selbst am Training teil, um dieses danach besser mit den Spielerinnen reflektieren zu können. Schon das erste Aufeinandertreffen zwischen dem jungen Team und der einstigen Weltklassestürmerin war übrigens mit einem psychologischen Kniff versehen: „Wir haben versucht, die Distanz schnell aufzubrechen, mit einer Art Speed-Dating“, berichtet Martina Voss-Tecklenburg. „Wir haben Birgit eingebunden, und die Spielerinnen haben gar nicht bemerkt, dass das Ganze eigentlich Erkenntnisse für Birgit bringen sollte.“
Inzwischen hat Birgit Prinz das deutsche Lager wieder verlassen. Aber sie will wiederkommen. Vor dem 29. Juni. Falls die deutsche Mannschaft bis dahin ihr Achtelfinale erfolgreich bestritten hat (Samstag, 17.30 Uhr/ZDF) und sich aufs Viertelfinale vorbereiten wird. Mit Birgit Prinz. Ohne großen Rumme