Essen. Die Hüter der weltweiten Fußballregeln haben Änderungen verabschiedet. Ein Ziel: Mehr Klarheit beim Thema Handspiel. Auch fairer soll es werden.
Attraktiver soll der Fußball werden. Noch fairer als zuletzt. Das zumindest ist die Absicht des International Football Association Board (Ifab), das über die weltweit geltenden Regeln des Fußballs bestimmt. Jüngst verabschiedete es einige Änderungen, die zur kommenden Saison greifen. Manche ergeben Sinn, manche sind noch nicht ausgereift, findet der ehemalige Fifa-Schiedsrichter Bernd Heynemann. Eine Auswahl.
Der Aufreger
Handspiel oder nicht? Tottenhams Moussa Sissoko hatte seine Hintermannschaft dirigiert, Liverpools Sadio Mané ihm an den dafür ausgestreckten Arm geflankt. Strafstoß. 1:0 für Liverpool. Tottenham lief im Champions-League-Finale schon nach zwei Minuten einem Rückstand hinterher. In der Saison 2019/20 hätte Schiedsrichter Damir Skomina diese Aktion nicht so geahndet.
Zumindest soll der Unparteiische nach den neuen Regeln nur dann auf Handspiel entscheiden, wenn sich der Arm des Handspielenden oberhalb der Schulter befindet oder die Körperfläche sich vergrößert. Bernd Heynemann fragt rhetorisch: „Und wie bewerte ich die Aktion eines Spielers, der Arme wie ein Gewichtheber hat und sie deshalb gar nicht so hoch bekommt?“
Der 65-Jährige sieht in dem frühen Pfiff ein Problem. Er hätte den Strafstoß nur dann gegeben, wenn ein „fünfhundertprozentiges Handspiel“ vorgelegen hätte. Wann das vorliegen soll, sei jedoch auch nach der Regeländerung nicht eindeutig, wie er im Gespräch mit dieser Redaktion betont.
Keinen Spielraum wird es künftig bei Toren geben, die der Schütze mit der Hand erzielt. Ob absichtlich oder nicht, es wird nicht zählen. Stützt sich ein fallender Fußballer ab und bekommt das Spielgerät an den Arm, bleibt der Pfiff aus. Das ist ebenso neu wie die Regel, dass ein vom Körper abprallender Ball an die Hand springen darf.
Der Chef muss büßen
Wirft der Co-Trainer eine Flasche, so ist das im Fußball eine strafbare Handlung. Dann muss er in der Regel sofort auf die Tribüne. Sofern der Schiedsrichter das auch gesehen hat. Ist er als Werfer nicht auszumachen, büßt bald sein Chef. Denn sofern der Unparteiische unsportliches Betragen auf der Spielerbank feststellt, den Übeltäter aber nicht identifizieren kann, so muss er den Trainer verwarnen (Gelbe Karte) oder auf die Tribüne verweisen (Rote Karte).
Schnell runter vom Platz!
Der langsame Gang eines Profis Richtung Auswechselbank, um dadurch wertvolle Sekunden zu schinden und so die Uhr herunterticken zu lassen, ist bald passé. Künftig muss ein Spieler, der ausgewechselt wird, den Platz auf dem kürzesten Weg verlassen. Das Abklatschen mit dem ihn ablösenden Spieler wird dann wegfallen, aber auch ein wichtiges taktisches Mittel. „Finde ich gut“, sagt Heynemann. „Denn nach altem Regelwerk kann ein Spieler den Rhythmus des Gegners stören.“
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Störfaktor Schiedsrichter
Früher, das weiß Ex-Schiedsrichter Heynemann noch sehr genau, habe er einen besonderen Ansporn gehabt, den Passwegen nicht in die Quere zu kommen. „Wer den Ball während des Spiels an die Beine bekommen hat, musste danach einen ausgeben“, erinnert er sich. Dieses ungeschriebene Gesetz habe „von der Kreisklasse bis zur Bundesliga“ gegolten. Zur kommenden Saison gibt es in so einer Situation Schiedsrichterball.
Was soll die Rückpass-Regel?
Heynemann kann über diese Änderung nur müde lächeln. Der Magdeburger gilt als entschiedener Gegner von Rückpässen. Dass der Torhüter den Ball nach einem missglückten Klärungsversuch seinerseits mit dem Fuß zukünftig in die Hand nehmen kann, widerspreche für ihn dem „progressiven Angriffsfußball, den man sehen möchte“. Bernd Heynemann schlägt daher vor: Keine Rückpässe mehr in den Strafraum. „Wenn die Regelung so aussähe, dass der Torhüter einen Rückpass nur außerhalb aufnehmen dürfte, hätte man ein wichtiges taktisches Mittel der Spielverzögerung genommen.“