Hannover. Borussia Dortmund holt bei schwachen Hannoveranern nur ein 1:1. Weil bei allem Eifer die Zielstrebigkeit fehlt. Trainer Jürgen Klopp ist nun als feinfühliger Psychologe gefragt.
Missmutig stiefelte Roman Weidenfeller aus der Kabine in Richtung Bus. Er ließ sich nicht lange bitten, seine Einschätzung zum Ergebnis, zum Spiel, zur Situation von Borussia Dortmund mitzuteilen. Der Torhüter und derzeitige Kapitän bemühte sich um einen moderaten Tonfall, doch innerlich war er geladen. „Das ist einfach zu wenig für Borussia Dortmund, 1:1 in Hannover zu spielen”, analysierte er scharf und betonte, dass der eigene Anspruch ein anderer war: „Wir hatten uns viel mehr vorgenommen!”
Es wäre auch viel mehr möglich gewesen. Die engagierten Borussen, die unmittelbar vor der Pause durch Nuri Sahin hochverdient mit 1:0 in Führung gegangen waren, hätten zu diesem Zeitpunkt schon locker mit 3:0 führen können – ach was, müssen!
Natürlich waren sie auch zweimal an Robert-Enke-Vertreter Florian Fromlowitz gescheitert, aber allein mit der lobenswerten Leistung des gegnerischen Torwarts lässt sich die permanente Harmlosigkeit der BVB-Offensive nicht erklären. Die lauf- und kampfstarken Stürmer Nelson Valdez und Mohamed Zidan vergaben keine Chancen, weil sie keine hatten. Sie verdienten sich einmal mehr ihre Fleißkärtchen, Durchschlagskraft aber ließen sie erneut vermissen. Und der eingewechselte Jakub Blaszczykowski stand sich nur selbst im Weg.
Gute Absicht ohne guten Abschluss
Die Problematik, dass die gute Absicht zu selten zum guten Abschluss führt, thematisierte auch Roman Weidenfeller, im Sinne der teaminternen Hygiene kritisierte er aber wohldosiert: „Wir müssen noch zielorientierter spielen, noch zielorientierter Ergebnisse einfahren!”
Er selbst hatte beim 1:1 auch nicht gerade gut ausgesehen, das wusste er: „Wenn es hart kommt, dann kommt es wirklich knüppelhart. Das war ein Hammer, der mich selbst ein bisschen überrascht hat.”
Weidenfeller hatte die Arme nicht schnell genug hoch bekommen, als 96-Stürmer Didier Ya Konan mit voller Wucht aufs kurze Eck drosch. Ein Tor, das aber nicht hätte gegeben werden dürfen. Der Torschütze nämlich hatte zuvor Mats Hummels über die Außenlinie gestoßen und dadurch erst freie Bahn erhalten.
1:1 gegen zumindest in der ersten Halbzeit konfuse und limitierte Hannoveraner. Sechs Punkte nach sechs Spielen. Der BVB tritt rechnerisch auf der Stelle. Jürgen Klopp sieht nach dem Kurztrainingslager in Marienfeld, bei dem auch Kopfwäsche auf dem Tagesplan stand, dennoch eine Vorwärtsbewegung: „Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht, weil wir leidenschaftlich gespielt haben. Man hat uns angesehen, dass wir mit aller Macht drei Punkte holen wollten.”
Aus Sicht des Trainers ein verständliches Urteil. Es ist Klopps Ziel, dass sich sein immer noch junges Team allmählich das Selbstvertrauen zurückholt. Überzogene Kritik von ihm wäre trotz einiger erkennbarer Unzulänglichkeiten nach diesem Unentschieden unangebracht. Am Dienstag steht das Pokalspiel beim Zweitligisten Karlsruhe an, am Samstag kommt Schalke zum Revierderby – da ist der Trainer als feinfühliger Psychologe gefragt, nicht als schonungsloser Haudrauf.
Sven Benders starkes Debüt
Er hatte ja schon mit personellen Änderungen auf das 1:5 gegen die Bayern reagiert, er hatte Dimitar Rangelov, Jakub Blaszczykowski und erstmals auch Felipe Santana aus der Anfangself genommen und sich vor allem nicht gescheut, den erst 20-jährigen Sven Bender in der Bundesliga debütieren zu lassen. Der vom Zweitligisten 1860 München gekommene U-19-Europameister dankte dies dem Trainer mit einer tadellosen Leistung auf der strategisch bedeutenden Zentralposition vor der Abwehr. Stark im Zweikampf, gutes Auge, cleverer Spielaufbau: ein Junge mit Zukunft. Nicht der einzige in dieser Mannschaft, die noch vieles lernen muss.