Essen. Der Chemnitzer FC provoziert mit der Duldung einer Trauerkundgebung im Stadion für einen offenkundig Rechtsextremen. Ein Kommentar.

Es geht um eine grundsätzliche Frage: Wo hat menschliche Anteilnahme zu enden, wenn sie auf unappetitliche, möglicherweise verfassungswidrige Einstellungen trifft? Der Chemnitzer FC hat die öffentliche Trauerveranstaltung im Stadion für einen verstorbenen, nicht nur bekennenden, sondern auch einschlägig bekannten Fan, nicht nur gebilligt, sondern auch gefördert. Die Rechtfertigung: Es sei ein Gebot der Mitmenschlichkeit, eine gemeinsame Trauer zu ermöglichen.

Gegen das Gebot der Mitmenschlichkeit ist grundsätzlich nichts zu sagen. Es scheint gar als ein Akt eigener Größe, sich auch von unbequemen Menschen würdig zu verabschieden. Ganz so einfach ist es jedoch nicht.

Eine fragwürdige Ehrung

Eine öffentliche Trauerfeier jenseits stillen Gedenkens am Grab stellt immer die Würdigung der Lebensleistung eines Menschen dar. Der Fan, um den es geht, soll einst eine Organisation mit dem schönen Namen „HooNaRa“ (Hooligans, Nazis und Rassisten) mitbegründet haben. Auch nur die Duldung öffentlicher Trauer im Stadion, in dem der Klub Hausrecht hat, ist also ein deutliches politisches Statement.

Die Nazi-Zeit hat in der gesamten Menschheitsgeschichte in ihrem widerwärtigen Schrecken bis heute eine Ausnahmestellung. Die Würdigung eines Menschen, der diese Zeit im öffentlichen Raum feiert oder auch nur verharmlost, können und dürfen Demokraten nicht unwidersprochen hinnehmen. Das ist ein Gebot der Mitmenschlichkeit für die Opfer der Nazi-Zeit und deren Hinterbliebenen.

Dass am Sonntag dann Thomas Uhlig, der kaufmännische Geschäftsführer des Chemnitzer FC, mit sofortiger Wirkung alle seine Ämter niederlegte, weil er für die Spieltage und die Begleiterscheinungen die Verantwortung trage, zeigt, dass sie auch in Chemnitz erkannt haben, dass sie mit der Billigung der Trauerfeier einen nicht eben kleinen Fehler begangen haben. Die ganze Angelegenheit bleibt so unappetitlich, dass einem auch das halb erleichterte „besser spät als nie“ im Halse stecken bleiben will. Manchmal ist spät einfach zu spät.