Essen. Beim Achtelfinale der Champions League schaut Tony Woodcock genau hin. Der Engländer und Ex-Köln-Profi schätzt die deutsch-englischen Duelle ein.

Ja, meint Tony Woodcock am Telefon, er könne auch auf Deutsch antworten. Schließlich hat der heute 63-Jährige in den 1980er-Jahren viele Jahre in Köln gelebt. Erst ging er für den 1. FC Köln auf Torejagd, später auch für Fortuna Köln. Als Woodcock 1979 für die Rekordablösesumme von etwa 2,5 Millionen D-Mark zum FC wechselte, war er nach Kevin Keegan der zweite englische Nationalspieler in der Bundesliga.

Wenn nun also das Achtelfinale in der Champions League beginnt, schaut der Engländer ganz genau hin. Weil es zu drei deutsch-englischen Duellen kommt. Borussia Dortmund trifft auf Tottenham Hotspur, der FC Schalke auf Manchester City, der FC Bayern auf den FC Liverpool. Seine Einschätzungen gab Woodcock dann aber doch größtenteils auf Englisch ab.

Herr Woodcock, welche Liga ist die bessere: die Bundesliga oder die Premier League?

Tony Woodcock: Das Problem in England ist, dass jeder die Premier League als die beste Liga der Welt bezeichnet, doch in der Champions League haben wir uns lange nicht mehr gut geschlagen.

Wie schätzen Sie die Lage in England denn ein?

Woodcock: Wir müssen in der Premier League vorsichtig sein, damit wir nicht zu viele unserer Talente verlieren. Sonst spielen sie alle im Ausland. Auch in die Bundesliga wechseln viele englische Talente. Sie bekommen in England in den Vereinen keine Chance, aufzulaufen und sich weiterzuentwickeln. Trotzdem sind sie vor einigen Jahren noch auf der Insel geblieben.

Warum?

Woodcock: Weil sie in der Premier League deutlich mehr als in Deutschland verdienen. Die Talente müssen also auf Geld verzichten. Das ist nicht leicht. Aber Jadon Sancho beweist beim BVB gerade, dass sich dieser Schritt lohnen kann. Weil er so stark spielt, dass sich das auch finanziell auszahlen wird.

Ist diese Entwicklung ein Problem für die englische Nationalelf?

Woodcock: Nationaltrainer Gareth Southgate würde sich sicher freuen, wenn mehr junge Spieler in England auf dem Rasen stehen würden. Aber das wird nicht passieren. Wir haben viele 18- bis 20-Jährige, die einen hoch dotierten Vertrag bei einem Topklub besitzen, aber nicht zum Einsatz kommen. Vor ein paar Jahren wären sie zu einem kleineren Verein gewechselt. Doch die kleinen Klubs können diese Gehälter nicht mehr zahlen.

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Von aufgezeichnet von Thomas Tartemann

Zu den Duellen, wer kommt weiter: Liverpool oder Bayern?

Woodcock: Auf diesem Level kommt es auf die Tagesform an. Es sind zwei sehr gute Mannschaften mit sehr guten Einzelspielern, einem guten System. Die Partie kann in jede Richtung ausgehen. Es kommt auch auf den Willen an, die Mentalität. Jeder Fehler kann entscheidend sein.

Manchester City oder Schalke?

Woodcock: Man weiß es nie. Klar, City ist ein Top-Klub, der mit Pep Guardiola einen sehr guten Trainer hat. Aber sie haben sich in Europa zuletzt nicht gut geschlagen.

Tottenham oder der BVB?

Woodcock: Dieses Spiel wird ebenfalls sehr interessant. Vor allem, weil Jadon Sancho für den BVB spielt, auf den alle Augen gerichtet sein werden. Die englischen Medien beobachten ihn genau. Ich würde mir natürlich einen englischen Erfolg wünschen, aber ich hoffe auch, dass Jadon überzeugt.

Kehrt Sancho bald zurück?

Woodcock: Vielleicht kommt er eines Tages zurück. Man darf aber nicht vergessen, dass er immer noch erst 18 Jahre alt ist. Aber wenn er so weiter macht, kann er es weit bringen.

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Wie wird Liverpool-Trainer Jürgen Klopp wahrgenommen?

Woodcock: Die Anhänger lieben ihn. Sie mögen seine Ausstrahlung, seine Persönlichkeit. Und natürlich schätzen sie, dass er eine Gewinner-Mannschaft geformt hat. Er tut mit seiner Art aber auch der gesamten Premier League gut.

Haben die Engländer verstanden, warum Leroy Sané nicht mit zur WM gefahren ist?

Woodcock: Nein, das konnte niemand verstehen. Er hat bei Manchester City eine sehr gute Saison gespielt. Alle haben sich gewundert.