Gelsenkirchen. Rudi Assauer dachte ausschließlich in königsblau. Das Revier verliert eine seiner größten Fußball-Persönlichkeiten. Ein Nachruf.
Rudi Assauer musste etwas klären. Wie er überhaupt immer alles klärte, was irgendwie mit Schalke 04 zu tun hatte. Der allmächtige Manager des Revierklubs hatte Wind davon bekommen, dass eine Schalke-Angestellte mit einem Journalisten liiert war, der den Klub beruflich begleitete. Also zitierte der Manager den Reporter in sein Büro, zu einem Gespräch unter Männern. Seine Botschaft: „Wenn ich mitkriege, dass du diese Beziehung ausnutzt, um an Interna zu kommen, schmeiße ich sie raus, und deine Freundin ist arbeitslos.“
Gut 20 Jahre ist das her, aber es zeigt, wie Assauer auf Schalke arbeitete – nein: lebte. Er wusste alles, er regelte alles. Assauer war Schalke, und Schalke war Assauer. Über Jahre prägte er mit der Zigarre, die nie fehlen durfte, mit seinem selbstbewussten Auftreten und mit seinen Sprüchen das Bild des Revierklubs. Auch nachdem er kein Amt mehr im Klub innehatte, war er selbstverständlich ständiger Gast auf Schalke – bis es seine Alzheimer-Erkrankung und die körperlichen Folgen in den vergangenen Monaten nicht mehr erlaubten. Einen weiteren Besuch in der Arena, die im Wesentlichen sein Werk ist, wird es nicht mehr geben: Am Mittwoch um 15.30 Uhr ist Assauer im Alter von 74 Jahren verstorben.
Schalke-Legende Rudi Assauer ist tot
Auf Schalke reagierte man bestürzt: „Diese Nachricht stimmt mich und uns unendlich traurig“, sagte Aufsichtsratschef Clemens Tönnies. „Wir behalten Rudi in bester Erinnerung.“ Und das gilt nicht nur für Schalke-Fans: Auch unzählige Anhänger des Revierrivalen Borussia Dortmund, wo er von 1964 bis 1970 gespielt hatte, zollten ihm in den sozialen Medien Respekt und sprachen ihr aufrichtiges Beileid aus.
Rudi Assauer – direkt und authentisch
Assauer wurde nicht von allen geliebt, aber er wurde respektiert. Weil er das verkörperte, was in der Kunstwelt Fußball viele für sich in Anspruch nehmen: Er war stets direkt, war authentisch. Und Assauer machte stets deutlich, dass er nicht mit allen Entwicklungen und Auswüchsen des Profifußballs etwas anfangen konnte. Als er gefragt wurde, ob auch Schalke einen Mentaltrainer einstellen werde, knurrte er: „Das Wort ,mental’ gab es zu meiner Zeit als Spieler gar nicht. Nur eine Zahnpasta, die so ähnlich hieß.“ Mit diesen Sprüchen wurde der Mann, der für Dortmund und Werder Bremen 307 Bundesligaspiele bestritt, zur Legende. Das Image als Malocher und Macho pflegte und kultivierte er – nicht zuletzt mit Werbespots für eine Biermarke.
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Hinzu kamen sportliche Erfolge, die sich vor allem in seiner zweiten Amtszeit als Schalke-Manager von 1993 bis 2006 einstellten – nachdem er sich in den 1980ern schon einmal auf dem Posten versucht hatte. Aus der Mittelmäßigkeit führte er den Klub zum Gewinn des Uefa-Cups 1997 sowie 2001 und 2002 zum DFB-Pokalsieg. 2001 wähnte er sich mit Schalke schon am Ziel aller Träume angekommen, bevor Bayern Münchens Patrik Andersson mit seinem Freistoßtreffer in Hamburg dafür sorgte, dass die Meisterfeier auf dem Rasen des Parkstadions jäh endete.
Es sind Ereignisse und Titel, die untrennbar mit dem Namen Huub Stevens verbunden sind. An dem Trainer, den Aussauer 1996 auf Schalke installierte, hielt er gegen alle Widerstände und auch in sportlich schwierigen Zeiten fest, weil er von dessen Arbeit überzeugt war. Wenn Assauer an etwas glaubte, setzte er sich durch – so war es auch beim Bau der Arena, den er vorantrieb und der 2001 vollendet war.
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Der Abgang der Klublegende allerdings geriet unschön: 2006 drängte ihn der Aufsichtsrat aus dem Amt. Das Raunen war immer lauter geworden über angeblichen Alkoholkonsum, auf den seine gelegentlichen Aussetzer zurückgeführt wurden – die aber wohl erste Anzeichen seiner Erkrankung waren. Als der Aufsichtsrat ihn zur Sitzung mit dem Tagesordnungspunkt „Abberufung“ lud, trat er zurück – tief getroffen davon, dass langjährige Wegbegleiter seine Demontage mittrugen.
Es war der Abschied von der Bundesliga-Bühne – auf der man ihn sehr vermisst. Erst kürzlich erzählte ein Klubmanager: „Wenn man mit Rudi etwas besprach, dann galt das. Solche Typen gibt es heute leider nicht mehr.“