Madrid. Ein Remis und vier Niederlagen aus den letzten fünf Spielen - Real Madrid hat Probleme. Die Ablösung des Trainers scheint eine Frage der Zeit.
Wikipedia war diesmal sehr früh dran. In der spanischen Version tauchte am Sonntag beim Eintrag des Fußballtrainers Antonio Conte schon Real Madrid als aktueller Arbeitgeber auf. Tatsächlich wurde der seit seiner Entlassung bei Chelsea arbeitslose Italiener mehrfach wegen eines möglichen Engagements kontaktiert, zuletzt am Samstag nach Reals 1:2-Heimpleite gegen UD Levante – so berichtete es unter anderem die klubnahe Sportzeitung „As“. Noch aber gibt es auch andere Kandidaten. Die Konkurrenz von „Marca“ etwa porträtierte lieber auf zwei Seiten den Argentinier Santiago Solari, Ex-Spieler Reals und Trainer der zweiten Mannschaft.
Lopetegui ist der Dead Man Walking des europäischen Fußballs
Einig sind sich alle bloß in einem: Der Mann, der sich gestern Mittag zur Pressekonferenz vor dem Champions-League-Spiel des Titelverteidigers gegen Viktoria Pilsen setzte, wird solche Funktionen nicht mehr lange ausüben. Julen Lopetegui ist der Dead Man Walking des europäischen Fußballs. Bereits bei einem trauten Abendessen nach der Niederlage bei ZSKA Moskau vor drei Wochen sprach Klubpräsident Florentino Pérez seinem Übungsleiter das Unbehagen aus. Seither wurde gegen das Fußvolk aus Alavés und Levante verloren, insgesamt kommt der aktuell Tabellensiebte auf ein Remis und vier Niederlagen aus den letzten fünf Spielen, während der außerdem mit 481 Minuten ohne Tor außerdem ein neuer Vereinsrekord aufgestellt wurde.
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„Wenn ihr einen niedergeschlagenen oder erledigten Trainer sehen wollt, schaut nicht hierher“, sagte Lopetegui gestern zwar kampfstark, konnte aber auf die zahllosen Nachfragen nicht bestätigen, vom Verein noch Rückendeckung zu spüren. „Ich kann versichern, jetzt hier zu sein“, antwortete er auf die Frage, ob er auch am Sonntag beim Clásico in Barcelona noch auf der Bank sitzen werde. Zum zweiten Mal nach seiner fulminanten Entlassung als spanischer Nationaltrainer zwei Tage vor WM-Beginn steht der 52-jährige Baske im Zentrum des Sturms. Erneut ist er daran nicht unschuldig.
Sein Hauptfehler besteht jeweils in einer verblendeten Wahrnehmung. Ignorierte er in Russland, wie hintergangen sich der spanische Verband durch seine heimlichen Kontakte zu Real fühlen musste, redete er sich in punkto auf den neuen Job alle Bedenken schön, die seinen Vorgänger Zinédine Zidane zum Abgang und andere Kandidaten zur Absage veranlasst hatten: den Substanzverlust im Kader, die Notwendigkeit eines Umbruchs bei einer nur noch punktuell im Europacup brillanten, in der Liga aber bereits letzte Saison um 17 Punkte abgehängten Mannschaft. Und vor allem: den Verlust von Cristiano Ronaldo, gleichbedeutend mit 50 Toren pro Saison (450 in neun Spielzeiten bei Real), ohne annähernd gleichwertigen Ersatz.
Ronaldo-Thema nervt die Mannschaft
„Man kann die Sonne nicht mit einem Finger zudecken“, umschrieb Torwart Keylor Navas vor Wochen die Nostalgie nach dem Alttorjäger, der heute zeitgleich mit Juventus Turin bei seinem anderen Ex-Verein Manchester United spielt. Wie sehr das Ronaldo-Thema die Mannschaft nervt, verriet gestern ein patziger Isco: „Wir können nicht dauernd um jemanden weinen, der nicht mehr hier sein wollte.“ Wo der Welttrainer und der fünffache Weltfußballer freiwillig gingen, wo dessen Nachfolger Luka Modric im Sommer zu Inter Mailand wollte und Linksverteidiger Marcelo ebenfalls mit Juventus flirtet, da präsentiert sich das große Real Madrid derzeit als sinkendes Schiff.