Madrid. Vor dem Halbfinal-Rückspiel gegen den FC Bayern warnt Trainer Zinedine Zidane von Real Madrid davor, den 2:1-Vorsprung nur verwalten zu wollen.

„90 Minuti in Bernabéu son molto longo“: Der Satz, den Real Madrids einstiger Vorkämpfer Juanito mal in bestem Italo-Spanisch zur Warnung an Inter Mailand adressierte, gehört fest zum Vereinsmythos. 90 Minuten im Stadion des Rekord-Europapokalsiegers können sich sehr lange anfühlen. Das Kuriose ist nur: Sie tun das nicht mehr unbedingt für den Gegner, sondern für die eigene Elf.

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Es ist der wohl einzige wunde Punkt dieses zuletzt in Europa so dominanten Teams. Real kann Partien nicht einschläfern und leidet oft dann am meisten, wenn die Lage am günstigsten scheint – zu Hause und mit Vorsprung, so wie jetzt nach dem 2:1 im München. Bei identischer Ausgangslage musste man voriges Jahr gegen die Bayern noch in die Verlängerung. 2012 im Halbfinale wiederum führte man nach 1:2 in München zu Hause 2:0, konnte den Vorsprung aber nicht verteidigen und schied aus. 2015 im Achtelfinale zitterte man sich nach 2:0 auf Schalke zu einem 3:4. 2016 egalisierte Dortmund in der Gruppenphase nach 0:2 zum 2:2, und der Schreck des zwischenzeitlichen 0:3 nach dem 3:0-Auswärtssieg gegen Juventus im Viertelfinale sitzt noch immer allen in den Gliedern.

„Wir müssen von Anfang an auf Sieg spielen, ohne zu spekulieren“, forderte Trainer Zinédine Zidane gestern. Die Unsicherheit über die richtige Strategie bei der Vorsprungsverwaltung wurde jedoch greifbar, als Kapitän Sergio Ramos so ziemlich das Gegenteil prophezeite, eine Kopie des Hinspiels: „Weil wir hinten kompakt waren, konnten wir unsere Konterstärke ausspielen. Der Ansatz wird ähnlich sein.“ Real ist nicht erst seit gestern mehr ein Team der Strafräume als des Mittelfelds – wo die Spielkontrolle stattfinden müsste.

Isco fehlt verletzt

Weil mit Isco heute einer der ballsichersten Spieler verletzt ausfällt (ebenso Carvajal), dürften auch die Bayern ihre Chancen bekommen. Wie der Madrider Vorstadtklub Leganés, der im Pokal den großen Nachbarn nach einem 0:1 mit 2:1 auswärts eliminierte. Wie Meister Barcelona, der im Dezember ein 3:0 mitnahm und sieben der letzten zehn Liga-Clásicos im Bernabéu gewann. Wie Villarreal oder Betis, die hier durch späte Tore triumphierten. „Wenn du mich fragst, spiele ich immer am liebsten im Bernabéu“, sagt Zidane dennoch. Auch wenn es lange 90 Minuten gegen die Bayern werden könnten.