London. Dietmar Hamann spricht vor dem Länderspiel Deutschland gegen England über den Mythos Wembley und Schalke-Profi Leon Goretzka.

Um zu erfahren, was den Mythos Wembley ausmacht, muss man mit Menschen sprechen, die die Einzigartigkeit der Arena in London live erlebten. Also sprechen wir mit Dietmar Hamann.

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Der einstige Mittelfeldspieler von Bayern München und Vizeweltmeister von 2002 erzielte am 7. Oktober 2000 das 1:0-Siegtor der deutschen Elf gegen England. Dieser besondere Moment steht in den Geschichtsbüchern. Wembley aber wurde Vergangenheit, die Arena im Londoner Bezirk Brent wurde drei Jahre später abgerissen. Vier Jahre danach öffnete das neue Wembley seine Tore. Ein Ort für 90 0000 Zuschauer, ein Koloss aus Stahl und Beton. Für Hamann ein „kalter“ Ort, der niemals an die Einzigartigkeit des alten Wembley erreichen wird.

„Das alte Wembley war ein Mythos“, sagt der heute 44-jährige Sky-Experte, „es roch nach Fußball. In den kaputten Kabinen, in den engen Gängen, im Spielertunnel. Dazu die fantastische Stimmung auf den Rängen. Es war ein Ort des Fußballs.“

Freundschaftsspiel am Freitag

Die neue Arena, in der Deutschland Freitag zu einem Freundschaftsspiel auf England trifft (21 Uhr), sei dagegen ein Stadion, „das überall auf der Welt stehen könnte. Auch in Japan. Es ist riesig, viel zu groß, überdimensioniert. Es verströmt keine warme Atmosphäre“.

Das alte Wembley war ein Mythos. Das neue Wembley steht dagegen für einen Fußball, der sich zu einer gewinnmaximierten Unterhaltungsindustrie entwickelt hat. Modern, zweckmäßig, seelenlos. „Dieses Stadion wird niemals den Stellenwert erreichen können wie das alte Wembley“, sagt Hamann.

Ob das englische Nationalteam jemals der deutschen Mannschaft gefährlich werden kann - auch das zweifelt Hamann an. Er glaubt nicht, dass die großartigen Talente, die der englische Fußball zuletzt hervorbrachte, den Durchbruch schaffen werden. „In der Premier League haben es interessante Talente einfach zu schwer“, sagt der einstige Profi des FC Liverpool und Manchester City, „junge Spieler bekommen nur selten die Chance, zu spielen und haben deshalb kaum die Möglichkeit, sich zu weiter zu entwickeln. Die englische Liga ist zu einer gigantischen Unterhaltungsbranche, in der es vorrangig ums Geldverdienen geht.“

40 erstklassige Spieler für Löw

Also bleibt Deutschland nach Hamann „das Maß aller Dinge“. „Bundestrainer Joachim Löw kann aus 40 erstklassigen Spielern seinen WM-Kader zusammenstellen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es einmal eine so große Auswahl gab.“

Besonders Schalkes Leon Goretzka hat es Hamann angetan. „Er ist ein dynamischer, intelligenter Spieler, der über ein großes Potenzial verfügt.“ Also genau der richtige Mann für ihren Ex-Klub, die Bayern?

„Natürlich hat er die Qualität, um bei den Bayern zu spielen. Aber ich kann nicht beurteilen, wann für ihn der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel gekommen ist.“