Köln. Der 1. FC Köln entscheidet erst am Dienstag, ob er offiziell gegen die Wertung des Auswärtsspiels bei Borussia Dortmund Protest einlegen wird.
Bei Borussia Dortmund gab man sich Mühe, die Nachwirkungen zu übersehen, zu ignorieren. „Für mich ist das abgeschlossen“, sagte Trainer Peter Bosz am Montag, dem Tag danach, „ich schaue nach vorn.“ Dort vorn droht zumindest theoretisch noch immer ein Wiedersehen mit dem 1. FC Köln. Die Rheinländer berieten am Montag bis zum Nachmittag über einen Protest gegen die Wertung der Partie vom Vortag (0:5) – und vertagten die Entscheidung.
Unliebsamer Zwischenfall
„Wir streben eine Neuansetzung der Partie an, weil ein krasser Regelverstoß vorliegt“, begründete Kölns Sportdirektor Jörg Schmadtke direkt nach der Partie. Jene Vehemenz hatte sich einen Tag später scheinbar schon in Zweifel verwandelt. Anders ist das Zögern des Klubs kaum zu deuten. Bis zwei Tage nach dem Spiel kann ein Einspruch erfolgen. Mit anderen Worten: Heute ist Stichtag.
Grund für die Kölner Proteste ist jene fußballhistorische Seltenheit, die die Gemüter auch am Tag danach noch erhitzte: ein Tor, das streng genommen keines war (siehe oben). Ein Phantomtor wie jenes des Müncheners Thomas Helmer im Jahre 1994, als er einen Ball am Tor vorbeistocherte, Schiedsrichter Hans-Joachim Osmers allerdings einen Treffer erkannt haben wollte. Oder wie 2013, als der Kopfball des Leverkuseners Stefan Kießling durch ein Loch im Netz ins Tor gelangte. Im ersten Fall gab es ein Wiederholungsspiel, im zweiten nicht.
Wie Kölns Chancen stehen? Augenscheinlich will der FC sehr sorgfältig prüfen, ob er die von der Deutschen Fußball-Liga eingeführte Technik öffentlich derart an den Pranger stellt. Und vielleicht schrecken den Klub auch die Erfolgsaussichten eines Protests ab.
Denn: Das Zusammenspiel des Schiedsrichters auf dem Platz mit dem Video-Assistenten Felix Brych hat offenbar gut funktioniert. Dieser saß im Überwachungszentrum in Köln. Dorthin werden die Bilder übertragen, der Ton aus den Stadien wird allerdings heruntergeregelt. Auch und vor allem die Pfiffe des Unparteiischen. Brych war es demnach unmöglich, den Moment des Pfiffs und den der Torerzielung in eine zeitliche Folge zu bringen. Dass Ittrich den Treffer gab, lässt darauf schließen, dass der Schiedsrichter der Meinung war, nach Linienüberquerung des Balles unterbrochen zu haben.
In diesem Fall würde es sich um eine Tatsachenentscheidung handeln. So war es bereits bei Michael Malbrancs Entscheidung 1997 beim Spiel zwischen 1860 München und dem Karlsruher SC, einen Treffer zu geben, obwohl er ebenfalls zuvor abgepfiffen hatte. Er sagte bei der Verhandlung aus, seine Wahrnehmung sei gewesen, nach dem Tor gepfiffen zu haben. Der DFB setzte zwar ein Wiederholungsspiel an, der Weltverband Fifa kassierte die Entscheidung danach wieder ein.
Spielraum scheint gering
Der Spielraum für ein Wiederholungsspiel scheint gering. So sieht es auch BVB-Boss Hans-Joachim Watzke, der nach dem Spiel in Richtung Kölner polterte, sie seien schlechte Verlierer. Für den Fall eines Protests erntet Schmadtke auch Verständnis. „Das ist ein Regelverstoß. Und der Jörg Schmadtke steht doch in der Verantwortung“, sagt Schalke-Sportvorstand Christian Heidel. Gladbachs Sportdirektor Max Eberl befand, er könne „einen Protest nachvollziehen“ und findet, dass „die Regeln angepasst werden“ müssen.
„Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass diese Technik Fehlurteile nicht verhindern kann“, sagt Leverkusens Sportchef Rudi Völler. Das allerdings war auch nicht der Anspruch. Hellmut Krug, Leiter des Projekts Videobeweis, verwies für die vergangene Test-Saison auf einen Wert von 77 von 104 Fehlentscheidungen, die hätten revidiert werden können. „100 Prozent werden wir nie erreichen“, sagte er. Vor der Saison.