Essen. Ausstiegsklauseln verleihen Fußballern immense Macht. Ihre Vereine müssen oft zittern, dass ihre Stars nicht durch die Hintertür abhauen.
Die Ausstiegsklausel von Neymar ist offenbar nicht abschreckend genug, die von Serge Gnabry war für Bayern München einladend niedrig und die von Max Kruse ist vorläufig wieder eingefroren - Vertragsparagraphen waren und sind in diesem Sommer einmal mehr "Brandbeschleuniger" auf dem Transfermarkt. Ausstiegsklauseln geben Spielern die Möglichkeit, schnell durch die Hintertür zu verschwinden. Die Vereine bleiben dagegen lange im Ungewissen und müssen mehrgleisig planen.
Auf irrwitzige 222 Millionen Euro legte der FC Barcelona im vergangenen Herbst die Ablöse von Neymar fest, als der brasilianische Stürmerstar seinen Vertrag bei den Katalanen bis 2021 verlängerte. Diese horrende Summe würde kein Verein auf der Welt bezahlen, dachte man. Neymar galt quasi als unverkäuflich. Immerhin liegt der Transfer-Weltrekord "nur" bei 105 Millionen, seit 2016 Paul Pogba von Juventus Turin zu Manchester United wechselte. Doch für die milliardenschweren katarischen Besitzer von Paris St. Germain spielt Geld im Falle Neymars offenbar keine Rolle.
Kein Bekenntnis von Neymar
Catalunya Radio meldete zuletzt, dass der Vater des Angreifers schon mehr als 40 Millionen Euro vom französischen Topklub kassiert haben soll – quasi als Garantie, dass der teuerste Transfer der Fußballgeschichte über die Bühne geht. Noch sträuben sich die Verantwortlichen des FC Barcelona gegen den Wechsel des Brasilianers, der bei den Katalanen mit dem fünfmaligen Weltfußballer Lionel Messi und dem Uruguayer Luis Suarez eine Angriffsreihe zum Fürchten bildet. Doch wenn die 222 Millionen geboten werden und der 25-Jährige dem Transfer zustimmt, sind dem fünfmaligen Champions-League-Sieger die Hände gebunden. Ein klares Bekenntnis des Brasilianers gibt es bislang nicht.
"Solche Ausstiegsklauseln sind unmöglich zu aktivieren, wenn du das Financial Fairplay erfüllst", sagte Barça-Präsident Josep Maria Bartomeu und feuerte eine Spitze an die Adresse von PSG: "Wenn jemand das nicht erfüllen wird, dann es ist möglich." Angeblich will PSG die Regularien umgehen, indem Neymar offiziell über einen Sponsorenvertrag das Geld erhält und selbst an Barcelona überweist. Sollte der fragwürdige Deal tatsächlich über die Bühne gehen, kann sich Barcelona zumindest mit einer fürstlichen Entschädigung trösten.
Klubs erhalten weniger als den Wert des Spielers
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Normalerweise erhalten die abgebenden Klubs nach dem Ziehen einer Ausstiegsklausel deutlich weniger, als der Spieler wert ist. So musste Werder Bremen seinen Shootingstar Serge Gnabry (22) nach einer starken Bundesliga-Saison mit elf Saisontoren für beinahe lächerliche acht Millionen Euro an Rekordmeister Bayern München abgeben. Die Münchner verliehen ihn gleich weiter an 1899 Hoffenheim und stärkten so die Kraichgauer.
Daneben musste Werder auch lange empfindlich um eine weitere Korsettstange bangen: Ex-Nationalspieler Max Kruse hätte die Grün-Weißen trotz Vertrags bis 2019 bis zum 15. Juli für festgeschriebene zwölf Millionen Euro wieder verlassen können. Der 29-Jährige hatte gut dotierte Angebote aus dem In- und Ausland, ein Wechsel innerhalb der Frist zerschlug sich aber. Sicher ist Kruses Verbleib am Osterdeich dennoch nicht. "Eine Garantie gibt es vielleicht bei Tupperware", sagte Werder-Sportdirektor Frank Baumann zynisch. Schließlich kann auch ohne Klausel bis zum Schließen des Transferfensters Ende August weiter verhandelt werden - nur, dass dann vielleicht etwas mehr für Werder herausspringt.
Verein sind die Hände gebunden
Den Vereinen sind beim Thema Ausstiegsklausel letztlich die Hände gebunden. Um einen Topspieler zu bekommen, müssen heutzutage in vielen Fällen nicht nur das Gehalt und sportliche Perspektive stimmen, sondern auch die "Exit-Strategie". Ausstiegsklauseln zu bestimmten Konditionen, beim Angebot eines bestimmten Klubs oder im Falle des Abstiegs sind für immer mehr Stars nicht mehr verhandelbar. Nur unter dieser Prämisse "binden" sie sich mit ihrer Unterschrift langfristig an einen Klub. (sid)