Baku. Benedikt Höwedes machte vor fünf Jahren in Baku sein erstes Länderspiel. Jetzt trägt er in Aserbaidschan wieder das DFB-Trikot - als Weltmeister.

  • Benedikt Höwedes machte vor fünf Jahren in Baku sein erstes Länderspiel
  • Jetzt trägt er in Aserbaidschan wieder das DFB-Trikot
  • Mittlerweile ist er ein erfahrener Weltmeister

Es ist nicht so, als würde je irgendwas dem Zufall überlassen, wenn es um die Kräfte Deutschlands bester Fußballer geht. Schon gar nicht auf einer Reise wie dieser nach Baku. Die Fenster im Mannschaftshotel hat Nationalmannschafsmanager Oliver Bierhoff nach eigener Aussage abkleben lassen, damit nicht zu früh die aserbaidschanische Sonne in die Gemächer der Profis dringt und sie vorzeitig weckt. Und wegen der Zeitverschiebung von drei Stunden mutmaßte Offensivmann Thomas Müller kurz vor der Abreise, dass er auch nach der Landung nach deutscher Zeit weiterleben solle. Dann gäbe es wieder "Mittagessen gefühlt um vier Uhr morgens" scherzte er in bewusster Übertreibung. Nach einem Tag vor Ort steht aber fest: Die deutsche Kicker leben in einem Land vor unserer Zeit nicht nach eigenen Regeln, sondern nach der Uhr der Einheimischen. Deswegen - oder trotzdem - sagt Benedikt Höwedes: "Das ist auf jeden Fall eine anstrengende Reise."

Höwedes' Verlässlichkeit ist erwiesen

Fünf Stunden Flug zu einem WM-Qualifikationsspiel (Sonntag, 18 Uhr / RTL live) sind zumindest eine Seltenheit. Höwedes kennt das aber. 2011 spielte die Mannschaft ebenfalls in Baku, es war Höwedes' erster Einsatz von Beginn an im nationalen Dienst. Endergebnis: 3:1. Seitdem ist viel Zeit vergangen und zwei grundlegende Dinge haben sich geändert. Aus Höwedes, dem Neuling, ist Höwedes der Weltmeister geworden. Einer, dessen Verlässlichkeit erwiesen ist. Einer, der nicht mehr jede Reise mitmachen muss und vielleicht auch nicht unbedingt will. Bundestrainer Joachim Löw macht sich derzeit intensive Gedanke über die Besetzung seiner Mannschaft beim Konföderationenpokal im Juni in Russland. Etablierten Männern will er dann lieber eine Pause gönnen, als sie durch das nächste Turnier zu hetzen. Vor allem solche, die während der Saison viel belastet sind. Wie Höwedes. Mit Schalke ist der 29-Jährige in der Europa League immer noch im Einsatz. Die Pause im Testspiel gegen England, als der Verteidiger nicht eingesetzt wurde, habe ihm "auch mal gut getan", sagt er. Und der Konföderationenpokal? "Es ist eine Frage des Bundestrainers, wen er mitnehmen möchte. Wenn das Turnier ansteht, freuen wir uns darauf." Eine zurückhaltende Liebeserklärung an das Turnier.

Die andere Sache, die sich verändert hat, hat viel mit dem Mannschaftsteil zu tun, in dem Höwedes seine Arbeit verrichtet: der Abwehr. Rund um das damalige 3:1 gegen Aserbaidschan reihte die Nationalmannschaft so lustige Ergebnisse wie ein 3:3 gegen die Ukraine, eine 3:5 gegen die Schweiz, ein 6:2 gegen Österreich. Spiele ohne Gegentor waren selbst gegen schwächere Teams sehr rar. Bis zum Hier und Jetzt hat sich das auf bemerkenswerte Weise gewandelt und zu einem historischen Rekord geführt: Mit der Partie gegen England (1:0) blieb die deutsche Elf im siebten Spiel in Folge ohne Gegentor. Die bisherige Bestmarke wurde - das errechnete der Kicker - vor einem halben Jahrhundert aufgestellt. Beachtlich auch: In den vergangenen 14 Spielen gab es nur drei gegnerische Erfolgserlebnisse.

Höwedes ist erst Wahl

Höwedes hat mit seinen Vorder- und Nebenleuten zu dieser neuen Stabilität auch bei der EM beigetragen. In Abwesenheit des rekonvaleszenten Jerome Boateng ist Höwedes nun in Baku die erste Wahl an der Seite von Mats Hummels. Das gab der Bundestrainer einen Tag vor der Partie bekannt. Die Kollegen von der inneren Sicherheit Antonio Rüdiger, Shkodran Mustafi und Niklas Süle haben in diesem Fall das Nachsehen.

"Der Konkurrenzkampf ist groß. Das ist eine Position, auf der wir uns wenig Sorgen machen müssen", sagt Höwedes, der auch immer eine Alternative auf einer der Außenpositionen ist. Er weiß, dass gegen Aserbaidschan die Verteidigung vermutlich eher weniger im Blickpunkt stehen wird. Aber eine konzentrierte Defensivleistung ist stets die Basis für alles weitere. "Es liegt an uns, wie wir das Spiel gestalten. Wenn wir hochkonzentriert an die Sache rangehen, wenn wir keine Zweifel aufkommen lassen und Aserbaidschan keine Torschüsse gestatten, dann wird die Atmosphäre auch nicht so hitzig", sagt Höwedes. Unangenehme Zufälle will auch er gern vermeiden.