Hannover.. Der Nationalelf ist seit der EM in Frankreich ein fulminanter Neustart gelungen. Und das Beste: Auf dem Weg zur WM 2018 in Russland warten noch frische Kräfte.
In den nächsten Wochen wird Joachim Löw viel im Ausland weilen. Er wird sich beim FC Arsenal umschauen. Er wird die Bundesliga links liegen lassen und mit Oliver Bierhoff nach Russland fliegen. Dort wird nächstes Jahr der Confed-Cup ausgespielt und ein Sommer später auch die WM, um die sich schon seine Gedanken drehen. Der Bundestrainer will den Blick nach draußen richten.
Dienstagnacht in einem weißen Zelt neben der Hannoveraner Arena richtete ein anderer den Blick von draußen nach drinnen auf den Momentanzustand der deutschen Nationalmannschaft. Und was er zu berichten hatte, klang eindrucksvoll: „Ich bezweifle, dass es weltweit eine Mannschaft gibt, die die Deutschen aufhalten kann“, sagte Michael O’Neill. Der Trainer und seine Nordiren konnten nicht verhindern, dass der DFB-Auswahl 30 Minuten genügten, um 2:0 zu gewinnen. „Es ist extrem schwer, gegen die deutsche Übermacht etwas auszurichten“, sagte O’Neill.
Mit Löw zurück zur Dominanz
Als Löw davon berichtet wurde, zuckte sein Mundwinkel nach oben. Natürlich wusste der 56-Jährige, dass er es hier nicht mit einem ebenbürtigen Gegner zu tun hatte. Dennoch: „Fakt ist, dass wir mittlerweile eine unglaubliche Dominanz im Spiel erreicht haben. Dass wir in der Lage sind, den Gegner so zu bespielen, wie wir ihn am Ende brauchen“, sagte Löw.
Damit war nicht die Transformation seiner Elf von einer Kontermannschaft bei der WM 2010 zur agierenden Ballbesitztruppe 2014 gemeint. Es ging ihm um die Entwicklung von der schwachen EM-Qualifikation und dem unbefriedigenden Turnier in Frankreich bis heute: Vor der EM hatte der Weltmeister das Weltmeisterliche verloren und es im Halbfinale, als es darauf ankam, nicht wiederfunden.
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Drei Pflichtspiele später hat es den Eindruck, als sei es zurückgekehrt. Drei Siege, null Gegentore nach drei Spielen. „Die Mannschaft soll diese Quali gnadenlos durchziehen. Das gibt uns im Vorfeld eines Turniers dann auch das Gefühl der Sicherheit“, sagte Löw.
Zumal Deutschland ein Neustart gelungen ist: Mangelnde Spannung? Passé. Eingefahrenes Ballgeschiebe? Passé. Die Suche nach kompetenten Außenverteidigern? Mit Jonas Hector und dem erstaunlichen Joshua Kimmich ebenfalls passé. Und selbst auf die Torjägerdebatte wurde eine neue Antwort gefunden: Die acht Treffer der WM-Qualifikation bisher stammen von fünf verschiedenen Spielern (Müller, Kroos, Kimmich, Khedira und Draxler). Mit anderen Worten: O’Neill hat recht, im Moment unterhält Löw neben Belgien (drei Siege, 13:0 Tore) vermutlich wirklich die beste Elf der Welt.
Löw bittet Kuntz zur Talentschau
Doch im Moment ist nun einmal noch nicht WM. „Was das alles wert ist, werden wir erst in anderthalb Jahren sehen“, sagte Innenverteidiger Mats Hummels. Nächste Woche wird sich Löw mit Stefan Kuntz treffen. Der U21-Coach soll von all den Talenten im Unterbau berichten. Von den Süles, Tahs, Meyers, Sanés, Goretzkas, Dahouds, die alle längst dauerhaft bei Löw spielen könnten.
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Ihnen wird der Bundestrainer demnächst mehr Aufmerksamkeit schenken, wenn er etablierte Kräfte schonen möchte. „Wir müssen beides schaffen“, sagte Löw. „Dass die Mannschaft stabil bleibt und rigoros die Quali durchzieht, und andererseits junge Spieler integrieren.“ Das sei die Herausforderung bis zur WM in Russland. Und zwar eine, auf die man sich freuen kann.