Düsseldorf. . Nach der Ära von Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski wird Joachim Löw auf neue Impulse durch junge Spieler setzen. Der Bundestrainer will seiner Mannschaft ein neues Gesicht verleihen, um 2018 in Russland den WM-Titel zu verteidigen.
- Mittwoch und Sonntag finden die ersten Länderspiele der neuen Saison statt
- Lehre der EM: Mitunter zu wenig Entschlossenheit im Spiel nach vorn
- Löws Ziel ist, mehr neue Spieler an die erste Elf heranzuführen
Joachim Löw hatte sich schon verabschiedet. Doch als er ging, blieb sein Blick an einem Auto hängen, keinem normalen Auto, sondern einem, dem man seine monströse Kraft locker ansieht. Ein Auto, mit dem man womöglich die Welt aus den Angeln heben könnte. Gelber Lack, schwarze Felgen. Ein Auto für Draufgänger. Im interessierten Blick des Bundestrainers spiegelte sich die Sehnsucht nach jener Abenteuerlust wider, die er bei seiner Mannschaft offenbar vermisst hatte.
Den Fuß aufs Gas
„Zwei zentrale Themen“ hätten sich nicht nur in der Aufarbeitung des betrauerten Halbfinal-Aus bei der Europameisterschaft in Frankreich als problematisch herauskristallisiert, sagte Löw am Montag in Düsseldorf bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit dem Turnier. Das erste Testspiel gegen Finnland (in Mönchengladbach), das als Abschiedsspiel für den scheidenden Kapitän Bastian Schweinsteiger ausgeflaggt ist, steigt am Mittwoch. Am Sonntag dann beginnt im norwegischen Oslo die Mission Titelverteidigung bei der WM 2018 mit der vorgeschalteten Qualifikation.
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Das eine Thema sei die Verwertung der durchaus vorhandenen Chancen gewesen, meinte Löw, „das zweite ist, dass wir zwar eine Mannschaft sind, die sehr viel Ballbesitz hat, die aber auch wieder lernen muss, nach einem Ballgewinn schneller umzuschalten.“ Umschalten heißt: Fuß aufs Gas, nach vorne, kein Blick in den Rückspiegel. Eben: mehr Draufgängertum. Erste Folgen sind sichtbar: Aus dem manchmal anarchisch stürmenden Team von Bayer Leverkusen haben es fünf Spieler zu einer Berufung gebracht, kein Bundesligist hat derzeit mehr.
Löws Mannschaft hatte sich sklavisch an alle Regeln gehalten, war aber trotzdem nicht ans Ziel gekommen. Selbst der abenteuerliche Thomas Müller suchte nicht nur die schnellsten Wege zum Tor, sondern dachte im Spiel viel darüber nach, den Bremsweg gegnerischer Angriffe nicht zu kurz werden zu lassen. Jene womöglich abhanden gekommene Unbekümmertheit sucht Löw nun vermehrt in neuem Personal.
Olympia-Fahrer Süle, Meyer und Brandt werden spielen
„Ein wichtiges Ziel ist, mehr als in den vergangenen Jahren junge Spieler mit Perspektive heranzuführen. Die Tür steht weit offen“, sagt Löw und handelt bei den ersten Länderspielen der neuen Saison nach diesen Worten: Die gerade erst mit Silber dekorierten Olympia-Fahrer Max Meyer, Julian Brandt und Niklas Süle sind trotz aller Reise- und Spielstrapazen in den elitären Kreis Deutschlands bester Fußballer eingeladen worden. Sie werden am Mittwoch in jedem Fall spielen, kündigte Löw an, danach reist mancher von ihnen wegen der Belastung womöglich wieder ab zum Verein.
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Mit den Abwehrmännern Jonathan Tah, Lukas Klostermann und Jeremy Toljan sowie den Mittelfeldspielern Leon Goretzka und Mahmoud Dahoud hat Löw „auf verschiedenen Positionen junge Leute, die noch nicht am Limit sind“. Aber auch auf Spieler wie Karim Bellarabi, Julian Weigl und Leroy Sané, deren Einflechtung in das Gewebe Nationalmannschaft noch nicht abgeschlossen ist, kann Löw in seiner wohl letzten goldenen Mission setzen, wenn er sich in der Ära nach Schweinsteiger und Lukas Podolski auf die Suche nach neuen Impulsen macht. Neue Impulse für neue Titel.
2018 in Russland soll ihm gelingen, was bislang nur die italienische Trainerlegende Vittorio Pozzo 1934 und 1938 schaffte: die Verteidigung des WM-Titels. Das wäre historisch groß – und würde ein kleines bisschen die Fußballwelt aus den Angeln heben.