Frankfurt am Main. Nach einem Bericht des “Spiegel“ soll das Bewerbungskomitee mit Beckenbauer und Niersbach die Vergabe der WM 2006 nach Deutschland gekauft haben.

  • Der damalige Adidas-Chef Dreyfus soll 13 Millionen Mark zur Verfügung gestellt haben, um Stimmen zu kaufen
  • Franz Beckenbauer, Chef des Bewerbungskomitees, soll von der schwarzen Kasse gewusst haben
  • Der DFB hatte zuvor Ungereimtheiten um eine Millionen-Zahlung im Vorfeld der WM 2006 in Deutschland eingeräumt

Neun Jahre nach dem Sommermärchen droht dem deutschen Fußball ein gewaltiger Skandal. Die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nach Deutschland soll einem Bericht des "Spiegel" zufolge mutmaßlich gekauft worden sein. Das Nachrichtenmagazin schreibt, das Bewerbungskomitee habe eine schwarze Kasse eingerichtet, in die der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus vor der WM-Entscheidung am 6. Juli 2000 umgerechnet 13 Millionen Mark gezahlt haben soll. Mit dem Darlehen sollen laut Spiegel unter anderem die Stimmen von vier asiatischen Vertretern im Fifa-Exekutivkomitee gesichert worden sein. Zusammen mit den europäischen Vertretern war Deutschland bei der entscheidenden Abstimmung auf 12 Stimmen gekommen. Auf Mitkonkurrent Südafrika entfielen damals 11 Stimmen. Der Neuseeländer Charles Dempsey hatte sich enthalten.

Franz Beckenbauer, Chef des Bewerbungskomitees, soll von der schwarzen Kasse gewusst haben, spätestens ab 2005 gelte dies auch für den heutigen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und weitere wichtige Fußballfunktionäre. Weil Louis-Dreyfus die Summe, nun 6,7 Millionen Euro, rund eineinhalb Jahre vor der WM zurückfordert habe, habe das Organisationskomitee nach einer unauffälligen Möglichkeit der Rückzahlung gesucht. Nach Spiegel-Informationen wurde das Geld für eine damals noch geplante, später abgesagte Fifa-Eröffnungsgala im Berliner Olympiastadion auf ein Fifa-Konto in Genf überwiesen und direkt auf ein Konto des mittlerweile verstorbenen Louis-Dreyfus in Zürich weitergeleitet.

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Beckenbauer und Niersbach äußern sich nicht

Weder Beckenbauer noch Niersbach äußerten sich auf Spiegel-Anfrage. Auch zwei der drei noch lebenden Asiaten, die im Jahr 2000 für Deutschland gestimmt hatten, ließen diese unbeantwortet. Der dritte, der Südkoreaner Chung Mong-Joon, ließ laut Spiegel ausrichten, die Fragen seien es nicht wert, beantwortet zu werden.

Der DFB hatte zuvor in einer eigenen Pressemitteilung Ungereimtheiten um eine Millionen-Zahlung im Vorfeld der WM 2006 in Deutschland eingeräumt. Dem DFB seien "Hinweise bekannt geworden, dass im April 2005 eine Zahlung des Organisationskomitees der WM 2006 in Höhe von 6,7 Millionen Euro an die Fifa geleistet wurde, die möglicherweise nicht dem angegebenen Zweck entsprechend verwendet wurde", heißt es in der Erklärung. Wohin die Millionen tatsächlich geflossen sind, sei noch unklar. "Ein abschließendes Ergebnis liegt dazu noch nicht vor, die eingeleiteten Prüfungen dauern noch an", hatte der Verband vor der Spiegel-Veröffentlichung mitgeteilt.

Später versandte der DFB noch ein kräftigeres Dementi. Die Schlussfolgerungen der "Spiegel"-Autoren seien "durch keinerlei Fakten" belegt. Es habe weder schwarze Kassen noch gekaufte Stimmen gegeben. "Mit aller Konsequenz hält der DFB deshalb nochmal ausdrücklich fest, dass dementsprechend weder der DFB-Präsident noch die anderen Mitglieder des Organisationskomitees in derartige Vorgänge involviert sein oder davon Kenntnis haben konnten", hieß es in der DFB-Mitteilung.

Justizminister Maas fordert rückhaltlose Aufklärung

Im Zuge der weitreichenden Korruptions-Vorwürfe gegen den Weltverband hatte der DFB intern noch einmal eine Untersuchung der Vergabe der WM 2006 im eigenen Land angeordnet. "Im Rahmen seiner Prüfungen hat der DFB keinerlei Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gefunden. Ebenso wenig haben sich irgendwelche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Stimmen von Delegierten im Zuge des Bewerbungsverfahrens gekauft wurden", heißt es in der Presseerklärung. Auch die ominösen 6,7 Millionen Euro aus dem Jahr 2005 hätten "in keinem Zusammenhang mit der bereits rund fünf Jahre zuvor erfolgten Vergabe" gestanden.

"Die Vorwürfe sollten rückhaltlos aufgeklärt werden. Die Fußballfans haben ein Recht darauf", forderte Justizminister Heiko Maas. Nach Andeutungen von Fifa-Präsident Sepp Blatter, dass bei der Wahl nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei, hatte Niersbach 2012 bei Sky Sport News von "komischen Nebelkerzen" gesprochen und gesagt: "Wir haben da sauber gearbeitet." Niersbach war dieser Tage von verschiedenen Seiten als möglicher Platini-Nachfolger und sogar als künftiger Fifa-Präsident ins Gespräch gebracht worden.

Zwanziger fordert kompletten Rücktritt des Fifa-Exekutivkomitees

Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger hat derweil den kompletten Rücktritt des Exekutivkomitees der Fifa gefordert. Der skandalumwitterte Weltverband befinde sich "in der Hand der Staatsanwaltschaften und in der Hand des FBI", sagte Zwanziger dem "Spiegel" und betonte: "Die verbliebenen, nicht suspendierten Mitglieder des Exekutivkomitees müssen geschlossen zurücktreten." Dazu zählt auch Zwanzigers Nachfolger als DFB-Chef und Exekutivmitglied, Niersbach. (we/dpa)