Dublin. . Robbie Keanes Popularität in Irland ist größer denn je. 141 Länderspiele zählt sein Konto, gegen die DFB-Elf kratzt er an Gerd Müllers Torrekord.

Robbie Keane lässt sich seinen Jetlag nicht anmerken. Der Stürmer der irischen Fußball-Nationalmannschaft, der seit 2011 für die LA Galaxy in der amerikanischen Profiliga kickt, sitzt entspannt im Trainingszentrum des irischen Verbandes in einem Vorort von Dublin und erzählt, wie er die letzten 48 Stunden verbracht hat: „Am Montag wurde ich in Los Angeles um 19 Uhr Vater, um 21 Uhr saß ich im Flugzeug, und jetzt bin ich hier.“ Und am Mittwochabend will er ab 20.45 Uhr (Live bei uns im Ticker) im Aviva-Stadium im EM-Qualifikationsspiel gegen Weltmeister Deutschland dazu beitragen, dass die Boys in Green eine Überraschung schaffen.

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Robbie Keane hat mit der irischen Nationalmannschaft schon viel erlebt. Auch gegen Deutschland. Bei der WM 2002 traf er in der Nachspielzeit zum 1:1. Es war nur ein Tor von vielen, mit 67 Treffern ist er nicht nur Rekordtorschütze seines Landes, sondern auch der erfolgreichste noch aktive Länderspieltorschütze der Welt. Trifft Keane auch heute, hätte er mit Gerd Müller (68 Tore) gleichgezogen. Damit will sich der 35-Jährige aber nicht befassen: „Ich konzentriere mich auf das Match. Diese Torstatistik ist Nebensache.“

Keine Stammplatzgarantie für Keane

Robbie Keane ist der irische Ausnahmespieler – auch wenn ihm der große internationale Durchbruch in seiner langen Karriere verwehrt blieb. Er verkörpert den irischen Traum, der nicht immer in Erfüllung geht: auswandern und glücklich werden. Keane wurde glücklich. Er spielte unter anderem für Tottenham, Inter Mailand, Liverpool, Celtic Glasgow und West Ham United. Und seit 2011 in Los Angeles. Anfangs an der Seite von David Beckham, nun in einem Team mit Steven Gerrard. In Kalifornien ist der Ire längst ein Kultspieler, sie plakatieren dort sogar Linienbusse mit seinem Konterfei. Mit L.A. wurde Keane in der letzten Saison Meister. „Seine Popularität in Irland ist größer denn je“, sagt Philip Quinn, langjähriger Sportredakteur bei der „Irish Daily Mail“, über den irischen Rekordnationalspieler, der bislang 141 Länderspiele auf seinem Konto hat.

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Eine Stammplatzgarantie hat der Mannschaftskapitän längst nicht mehr. Es ist gut möglich, dass er heute Abend nur auf der Bank sitzt und erst am Sonntag im abschließenden Gruppenspiel in Polen zum Einsatz kommt. „Seine Präsenz ist wichtig. Er ist eine Ausnahmepersönlichkeit“, sagt Trainer Martin O’Neill. Als Robbie Keane im Juni zwei Cousins durch einen tragischen Arbeitsunfall verlor, gab es vor dem Qualifikationsspiel gegen Schottland eine Gedenkminute für die beiden Verunglückten – im Stadion sorgten die Fans mit „Keano“-Sprechchören für eine Gänsehaut-Atmosphäre.

Dublin ist zurzeit eine geteilte Stadt

Robbie Keane will den Fans mit Toren und Einsatz etwas zurückgeben. Der gebürtige Dubliner kann sich sogar vorstellen, auch noch die nächste WM-Qualifikation für sein Land zu spielen. Vorher will Keane mit seinem Team die EM-Qualifikation schaffen. Es wäre nach 1988 und 2012 im nächsten Jahr die dritte Teilnahme Irlands.

Am Mittwochabend geht es im Aviva-Stadium beim Fußball allerdings nicht nur um Punkte. Dublin ist in diesen Tagen eine geteilte Stadt. Die obere Schicht feiert den vorzeitigen Einzug der irischen Nationalmannschaft ins WM-Viertelfinale. Im Rugby. Für die Arbeiterschicht, die „working class heroes“, geht es hingegen beim Fußball um Stolz und Anerkennung. „Im Fußball spiegelt sich das Leben. Wir müssen um alles kämpfen, um etwas zu erreichen“, sagt Trainer Martin O’Neill und fügt hinzu: „Wir haben die große Sehnsucht, etwas zu erreichen. Und natürlich wollen wir Deutschland schlagen.“

Keane glaubt an Keane

Sollte das gelingen, könnten die Iren die direkte Qualifikation noch schaffen, ansonsten geht es um die Teilnahme an den Play-off-Spielen der Gruppendritten. Sollte Schottland gegen Polen verlieren, hätte Irland dieses Ziel bereits erreicht.

Zur EM würde Robbie Keane wieder aus Los Angeles einfliegen. Irlands Co-Trainer Roy Keane glaubt, dass sein Namensvetter aber schon heute trotz Jetlag und frischer Vaterschaft bereit für ein großes Match ist: „Soweit ich weiß, muss er sein Baby nicht stillen.“