Bochum. Nachdem Peter Neururer vergangene Woche fast Trainer von Hannover 96 geworden wäre, wartet der 60-Jährige auf die nächsten Angebote. Ein Interview.

Knapp drei Jahre ist es her, seit Peter Neururer tot war – zumindest fast. Es war der 9. Juni 2012, den der Fußballlehrer auf dem Golfplatz verbrachte. Die idyllische Anlage am „Haus Leythe“ in Gelsenkirchen-Resse ist seine zweite Heimat, und zwar für die Tage, an denen er nichts besseres zu tun hat. Seine erste Heimat und wahre Liebe ist natürlich der Fußballplatz, der Rasen, die Kabine, die Fans und die Medien.

Es hat nicht viel gefehlt und er wäre am Montag dieser Woche nach Verhandlungen mit Hannover 96 dort wieder groß aufgeschlagen. So aber treffen wir Peter Neururer eben am schönen Golfer-Clubhaus, um ein paar Tage nach der Absage aus Niedersachsen und vor seinem 60. Geburtstag unter anderem über verpassten Chancen im Fußball zu plaudern.

Peter Neururer, woran ist es in Hannover gescheitert?

Peter Neururer: Daran, dass ich noch vertraglich gebunden bin, und zwar bekanntlich bis zum 30. Juni beim VfL Bochum. Das Angebot ehrt mich und ist ein gutes Zeichen, denn wenn du zweimal bei einem Verein warst und ein drittes Mal gerufen wirst, ist das eine schöne Wertschätzung.

Sie haben aber am Montag vor Ort verhandelt...

Peter Neururer: Ja, und plötzlich war ein Haufen Kamerateams da, obwohl ich selbst erst 30 Minuten vor dem Treffen mit den 96-Verantwortlichen erfahren habe, wo wir uns verabreden. Dennoch war die ganze Angelegenheit mit Hannover sauber und das Angebot überragend, aber sie brauchten einen Trainer, der sofort frei war, und das war bei mir nicht zu 100 Prozent gewährleistet.

Hätte Bochum Sie etwa nicht freigegeben? Der VfL könnte doch froh sein, zwei Monatsgehälter zu sparen!

Peter Neururer: Das weiß ich nicht, dazu ist es ja gar nicht gekommen. Mit Michael Frontzeck hat Hannover einen Trainer verpflichten können, der am nächsten Tag direkt verfügbar war. Ich freue mich für ihn und habe ihm auch direkt per SMS alles Gute gewünscht, aber natürlich hätte ich es auch gerne gemacht.

Gibt es auch andere Angebote?

Peter Neururer: Ja, die gibt es aktuell und gab es selbst während meiner Tätigkeit beim VfL Bochum. Aber da war das natürlich kein Thema für mich. In dieser Saison werde ich sicher nichts mehr dahingehen machen.

Das konkrete Interesse eines Erstligisten dürfte Ihr Ansehen auf dem Trainermarkt gestärkt haben, oder?

Peter Neururer: Das ist auf jeden Fall ein Vorteil für mich. So sind vielleicht auch weitere Vereine in der ersten Liga mal wieder auf mich aufmerksam geworden. Eins steht jedenfalls fest: Ich werde mich nie irgendwo anbieten. Wenn du über 30 Jahre dabei bist und 690 Spiele als Trainer hinter dir hast, hast du das nicht nötig.

Wo werden Sie am Sonntag feiern?

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Peter Neururer: Gar nicht. Samstagnacht um ein Uhr stelle ich mein Handy aus und nehme es bis Montagmorgen nicht mehr in die Hand. Sonntag gehe ich mit meiner Frau und den Kindern essen, das war's. Ich werde 60, toll! Viel wichtiger war ein Tag vor fast drei Jahren – der 9. Juni 2012, meine Wiedergeburt.

Der Herzinfarkt...

Peter Neururer: Der Herr über uns hat beide Hände über mich gehalten und wollte offenbar, dass ich noch nicht gehe. Ich hatte riesiges Glück, auch weil ich am richtigen Loch war, hier auf dem Gelände am Haus Leythe. Loch 17, wäre es auf der 16 passiert, wäre es vorbei gewesen, denn dort kommt kein Rettungswagen rein. Gerettet hat mich mein Flightpartner Dieter Rüdig, der ausgebildeter Rettungssanitäter ist und sofort die richtigen Maßnahmen eingeleitet hat.

Der 60. fällt also aus!

Peter Neururer: Nicht ganz. Im Juni mache ich mit meiner Harley Truppe – Funny Heinemann, Katze Zumdick, Doc Bauer, Nico Michaty und Jürgen Dolls – die USA-Tour. Wenn wir wiederkommen, dann machen wir bei uns zu Hause mit Freunden eine schöne Gartenfete. Also: Ich werde jetzt 60, fühle mich wie 30 und hab gelebt wie 120.

Und dann geht es bei welchem Verein weiter?

Peter Neururer: Ich lasse alles auf mich zukommen. In meiner Tätigkeit beim VfL Bochum hat man gesehen, dass ich wieder fit bin und ich weiterhin unglaublichen Spaß an dem Beruf empfinde. Solange das Verhältnis zwischen Spielern und Trainern stimmt, werde ich im Fußball weiter machen. Ob jetzt als Trainer oder als Sportdirektor, ist abhängig von der Situation des jeweiligen Vereins.

Sie wären doch ein Sportdirektor, der jedem Trainer total auf die Nerven gehen würde!

Peter Neururer: Ich habe volles Verständnis dafür, dass man so denkt, aber ich bin nach meinem Herzinfarkt gelassener und viel bewusster geworden. Früher bin ich ausgerastet, wenn einem Spieler der Ball durch die Füße gerutscht ist oder der aus drei Metern die Kiste nicht getroffen hat Heute sage ich: Warum soll ich mich darüber aufregen, denn ich habe eh keinen Einfluss darauf.

Ein Job im Ausland würde Neururer noch einmal reizen 

Im Ausland waren Sie noch nie, außer mit dem Motorrad...

Peter Neururer: Es kamen und kommen immer wieder mal Anfragen. Ich hatte zum Beispiel ein Angebote aus dem Iran, dort Nationaltrainer zu werden, aber angesichts der politischen Situation habe ich abgesagt. Nach Saudi Arabien wollten mich Scheichs für unglaubliches Geld holen auch auch dem Oman kam etwas, aber dann kommt meine Frau zu Besuch und sie muss erst eine Burka anziehen – nicht mit mir.

Welches Land würde Sie besonders reizen?

Peter Neururer: Die USA, und das sage ich jetzt nicht wegen der Harley-Touren. Die Liga ist toll. Über ehemalige Spieler habe ich ganz gute Beziehungen in die Staaten. Konkrete ist eine Verbindung in die österreichische Bundesliga, aber auch da muss es passen.

Was hat denn am Ende beim VfL nicht gepasst, dass Sie sich angeblich so vereinsschädigend verhalten haben?

Peter Neururer: Mir kann man ja wirklich alles vorwerfen, aber nicht, dass ich vereinsschädigend bin. Für den VfL hab ich auf Geld verzichtet und beim Fernsehen kürzer getreten, um zu 100 Prozent für den Verein da sein zu können. Wenn dann der Grund für die Beurlaubung gewesen sein soll, dass ich nach der Geschichte mit Andy Luthe geäußert habe: 'Mein Kapitän hat das Recht etwas zu sagen', finde ich das seltsam.

Wie ist das am Tag Ihrer Beurlaubung abgelaufen?

Peter Neururer: Christian Hochstätter hat mich in seinem Büro erwartet, zusammen mit Herrn Engelbracht (Finanzvorstand Wilken Engelbracht, die Red.) und hat eröffnet: 'Du weißt ja wohl, warum du hier oben bist?' Ich habe geantwortet: 'Ne, weiß ich nicht, worum geht es denn?' Hochstätter erwiderte: 'Du bist entlassen'. Ich habe dann noch gesagt: 'Wenn Ihr mich aufgrund sportlicher Dinge rausschmeßt, habe ich dafür Verständnis, aber nicht wegen dieser anderen Sache. Ich habe ja geglaubt, in 30 Jahren Trainertätigkeit alles erlebt zu haben, auch in negativer Hinsicht. Ich bin selbst Schuld an manchen Dingen, keine Frage, aber das war für mich unvorstellbar.