Essen/Meckenheim. Die Debatte rund um Deutschlands dritthöchste Spielklasse hat beim DFB-Bundestag ein Ende. Zumindest vorläufig - es droht juristischer Streit.

Da nur das Podium hell erleuchtet war und es so aus der Dunkelheit einer Sporthalle herausstach, fiel es nicht schwer, sich in eine andere Situation zu versetzen. In eine Szenerie, in der auch zwei Entscheidungsträger erhöht sitzen und Dinge sagen wie: „Das ist ein eindeutiges Ergebnis, ich bedanke mich bei den Delegierten. Wir haben Handlungsfähigkeit bewiesen.“ Oder: „Eine große Erleichterung nach den intensiven Monaten. Nichts ist mehr, wie es war.“ Sätze, die vorangegangen eine wichtige politische Wahl erahnen lassen. Oder Bilanzvorstellungen eines Unternehmens-Riesen. Die aus den Mündern von Fritz Keller (erstes Zitat) und Friedrich Curtius allerdings dem Fußball, speziell: der 3. Liga, gewidmet waren.

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Wobei, oft genug ist Fußball ja nicht bloß Sport, sondern auch jede Menge Politik und Wirtschaft.

Fünf Englische Wochen bis 4. Juli

Es war ein außergewöhnlicher außerordentlicher Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), bei dem am Montag nur die Wenigsten der 253 stimmberechtigten Delegierten in Meckenheim nahe Bonn anwesend waren. Corona, das hatte DFB-Generalsekretär Curtius ja festgestellt, hat vieles verändert. So waren die meisten Abgeordneten des Fußball-Parlaments über ein Videosystem zugeschaltet und stimmten erstmals in der Geschichte des Verbandes virtuell über wichtige Entscheidungen ab.

Entscheidungen, die im Vorfeld zur Eskalation geführt hatten, aber nun mit Zustimmung jenseits der 90-Prozent-Marke herbeigeführt wurden: Die 3. Liga mit Tabellenführer MSV Duisburg wird Samstag mit fünf Englischen Wochen fortgesetzt, um bis zum 4. Juli Auf- und Absteiger zu ermitteln. Sie soll nach Möglichkeit in dieser Saison nicht abgebrochen und definitiv in der nächsten Spielzeit trotz der Corona-Folgen eingleisig bleiben. „Ich fordere alle auf, an einem Strang zu ziehen und den Fußball in diesem Land zu retten“, rief DFB-Präsident Keller den Delegierten der Landes- und Regionalverbänden nach dreistündiger Machtdemonstration zu.

DFB droht trotzdem ein juristisches Nachspiel

Erleichtert nahm Keller anschließend die Position des Siegers ein. Wobei seine Worte, „ich appelliere an alle: keine Tricks, keine Hintergrundgespräche, keine Verweigerungshaltung mehr“, warnend und versöhnend gemeint waren. Auch beim DFB wissen sie: Das Vorhaben, die 3. Liga sportlich zu beenden, könnte ein juristisches Nachspiel haben. DFB-Vizepräsident Rainer Koch geht in einem „unwürdigen Schauspiel“ davon aus, dass Androhungen einzelner Landesverbände sowie Vereine umgesetzt und Gerichte nun bemüht werden.

Noch vor Beginn des Bundestages hatte den DFB am Montagmorgen ein Anwaltsschreiben des Halleschen FC erreicht, in dem Wettbewerbsverzerrung moniert wurde. Nicht alle Drittligisten konnten sich im Mannschaftstraining auf den Wiederbeginn vorbereiten; es stehen Klagen im Raum, weil die Landesregierungen in Thüringen sowie Sachsen-Anhalt Spiele derzeit verbieten und die Klubs so in andere Bundesländer ausweichen müssten, wenn sie die Folgen des Nichtantretens vermeiden wollten: null Punkte und 0:2 Tore.

Keller wirft Gegnern Egoismus vor

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Den Abbruch-Befürwortern hielt Keller Egoismus vor. „Man sieht, dass die Moral was mit dem Tabellenplatz zu tun hat“, sagte der 63 Jahre alte Freiburger nahezu wortgleich wie DFL-Chef Christian Seifert in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. „Das Risiko abzusteigen muss man als seriöses Unternehmen einplanen.“

An diesem Samstag soll es also wieder losgehen, tags zuvor bereits in der Frauen-Bundesliga. Ein Saisonende in der 3. Liga ohne juristische Nebenschauplätze wäre für den DFB ein großer Erfolg. Sollte es doch zu einem Abbruch kommen, entscheidet darüber allein der DFB-Vorstand. Eine neue Task Force soll in Zukunft wirtschaftliche Probleme lokalisieren und sie beseitigen. Finanzielle Unterstützung konnten Keller und Curtius den Vereinen nicht in Aussicht stellen, auch der DFB rechnet bis zum Jahresende im schlimmsten Fall mit einem Corona-Minus in Höhe von 77 Millionen Euro. Fußball – eben Sport, Politik und Wirtschaft zugleich.