Hamburg. Vor dem Bundesliga-Spiel gegen den FC Bayern am Samstag ist Josef Zinnbauer “richtig heiß“. “Alle rechnen damit, dass wir verlieren, keiner traut uns was zu“, sagt der neue Coach des Hamburger SV: “Es gibt nichts Einfacheres auf dem Papier, als gegen die Bayern zu spielen.“
Josef Zinnbauer hat das, was Pep Guardiola sich wünscht: eine lange Siegesserie in dieser Saison. Der neue Trainer des Fußball-Bundesligisten Hamburger SV ist mit seiner früheren U23-Mannschaft in der Regionalliga Nord durch die ersten acht Saisonpartien mit 24 Punkten und 27:5 Toren gestürmt. Bayern München musste sich in seinen drei Bundesliga-Spielen mit zwei nüchternen Siegen und einem Remis begnügen. Die Kluft zwischen der vierten Liga und der Beletage des deutschen Fußballs scheint Zinnbauer, der Joe genannt werden will, ziemlich egal zu sein. "Ich habe Bock auf die erste Liga", verkündete er bei seiner Inthronisation. "Ich bin richtig heiß." Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) will Rekordmeister Bayern die Begeisterungsfähigkeit des neuen HSV-Trainers ausloten.
Die forsche Gangart des Nachfolgers von Mirko Slomka ist der erste auffällige Unterschied zum HSV der vergangenen Wochen. Zinnbauer will sein torloses Erstliga-Team, das nach drei Partien ans Tabellenende katapultiert wurde, vor allem mental aufrüsten und als Gemeinschaft einschwören. "Wir haben Qualität in der Mannschaft. Wir müssen sie nur gemeinsam auf den Platz bringen", forderte er.
Kein Respekt vor großen Namen
Wer sich zurücklehnt, hat schon verloren. So erging es Valon Behrami. Weil der Schweizer Nationalspieler zum Ende der Trainingseinheit lasch in die Zweikämpfe ging und einen miserablen Pass spielte, verdonnerte Zinnbauer den Mittelfeld-Mann zum Zuschauen. Der Coach zeigt keinerlei Respekt vor großen Namen. "Wenn es nicht funktioniert, hole ich Spieler der U23. Das ist mir völlig egal."
Natürlich weiß der neue Taktgeber, dass sich die übermächtigen Bayern nicht einfach die Punkte abknöpfen lassen, nur weil er da ist. "Alle rechnen damit, dass wir verlieren, keiner traut uns was zu. Es gibt nichts Einfacheres auf dem Papier, als gegen die Bayern zu spielen", beschrieb der 44 Jahre alte Trainer die Ausgangslage. Als Inhaber einer Unternehmensgruppe für Finanzdienstleistungen und Versicherungen mit Millionenumsatz kennt er sich mit Risiken aus und weiß, wie diese aufzufangen sind. "Ich habe keine Angst!", betonte der frühere Zweitliga-Profi vom FSV Mainz und schwor: "Gegen die beste Mannschaft der Welt kann man nur mit breiter Brust auflaufen." Die Aufbruchstimmung im Norden schmeckt den Bayern nicht. "Das gefällt mir nicht", meinte Sportvorstand Matthias Sammer.
Desaströse HSV-Bilanz
Zinnbauers zweieinhalbmonatige Arbeit beim Regionalligisten HSV ließ aufhorchen. In der Vorsaison war der von Rodolfo Cardoso betreute Viertligist am Abstieg vorbeigeschrammt. Unter Zinnbauers Ägide lief plötzlich alles wie am Schnürchen. "Ich bin akribisch, leidenschaftlich, diszipliniert und erfolgshungrig", lautet die Selbsteinschätzung des Trainers, der vom Oberligisten Karlsruher SC II zu den Hanseaten kam. Nicht zuletzt die Motivationskünste des Fußballlehrers und sein Sachverstand haben den Vereinsvorsitzenden Dietmar Beiersdorfer bewogen, Zinnbauer drei Ligen höher ins Haifischbecken zu werfen. "Ich glaube, er hat gar nicht gefragt. Er hat einfach gesagt: Du machst das jetzt", berichtete Zinnbauer im Vereins-TV "HSV-Total".
Gegen die Bayern ist die jüngste HSV-Bilanz desaströs: 1:4, 1:3, 2:9, 0:3, 1:1, 0:5, 0:6. Der neue HSV-Trainer wird sein Team auf einigen Positionen verändern. Eine Spekulation: Heiko Westermann, dem einem lange freundschaftliche Bande zu Zinnbauer nachgesagt wird, rückt wieder in die Startelf. "Wie man trainiert, so spielt man", meinte Zinnbauer vielsagend. (dpa)