Hannover. . Steve Cherundolo kam aus den USA nach Deutschland, heuerte bei Hannover 96 an und verbrachte seine komplette Fußballer-Karriere bei diesem Verein. Nun muss er nach drei Knie-Operationen aufhören.
Zum Abgang gab es gleich mehrere Krönungen. Steven Cherundolo duzte den Präsidenten und schloss Martin Kind wie einen Kumpel in seine Arme. Statt eines Abschiedsspiels, das es nicht geben kann, durfte er noch einmal zehn Minuten lang mit der Mannschaft trainieren und den Kollegen Szabolcs Huszti mit dem letzten Ballkontakt tunneln.
Als Cherundolo dann vor dem Spiel am Samstag gegen Borussia Dortmund zum Bye-bye vom Bundesligisten Hannover ansetzte, waren seine Augen gerötet. Nach drei Knieoperationen hat der Amerikaner die Karriere beendet. Cherundolo war 15 Jahre und zwei Monate lang Fußballprofi – vom ersten bis zum letzten Tag bei Hannover 96. „Es gibt für jeden Spieler den perfekten Verein. Ich habe meinen gleich im ersten Versuch gefunden“, sagt der 35-Jährige. Der Blick zurück auf die Laufbahn eines Mannes, dem angesichts seiner positiven Art niemand so richtig böse sein kann, fördert Erstaunliches zu Tage. Als Cherundolo im Januar 1999 in Hannover mit der Referenz anheuerte, Universitätsspieler in Portland gewesen zu sein, spielte 96 noch im alten Niedersachsenstadion. Sein künftiger Arbeitgeber stieg gerade in die 2. Bundesliga auf und näherte sich dem finanziellen Ruin.
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Wechsel in den Trainerjob
„Du warst ein junger Kerl, hast kein Wort Deutsch gesprochen und die Herausforderung angenommen. Ich habe das sehr bewundert“, sagt Kind. Wenn er über Cherundolo spricht, klingt der resolute Klubchef so sanft, als gehe es um einen guten Freund. In seinen anderthalb Jahrzehnten bei Hannover 96 hatte Cherundolo insgesamt 415 Einsätze für die Niedersachsen. Erst als absoluter Novize und dann auch als Kapitän durfte er miterleben, wie Kind nicht weniger als zehn Trainer verschlissen hat. Dass er als Spieler nie gescheitert ist und immer wieder einen Folgevertrag erhalten hat, beweist: Stagnation war für den Rechtsverteidiger ein Fremdwort.
Eigentlich wäre ein Abschiedsspiel mit viel Tamtam üblich. Cherundolo hat bei seinem Abgang am Mittwochabend aber den Eindruck gemacht, als sei ihm ganz recht, dass es keine rührseligen Momente mehr geben wird. Sein Knie spielt nicht mit. Und nach langer Zwangspause ist er entschlossen, gleich sein neues Glück zu versuchen. Cherundolo wird Co-Trainer der U 23-Mannschaft von Hannover 96.
Es sieht also nicht danach aus, als ob er sich je vom Verein lösen wird. Dass Cherundolo den Wandel der „Roten“ vom Chaosklub zur etablierten Bundesliga-Adresse mit prägen konnte, hat tiefe Spuren hinterlassen. „Ich bleibe immer Amerikaner, aber ich bin auch Hannoveraner“, sagt Cherundolo. Er lebt mit seiner deutschen Frau in Großburgwedel bei Hannover in einem Haus, das selbst der vermögende Klubchef Kind sehr beeindruckend findet.
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Keine vierte WM-Teilnahme
Eine vierte WM-Teilnahme wird es für Cherundolo also nicht geben, aber das abrupte Ende spornt ihn auch an. Er will seinen Karriereplan in einer Branche fortsetzen, die sich aus seiner Sicht nicht nur zum Vorteil entwickelt hat. Dass junge Spieler sich heute mit der Aussicht auf mehr Geld an einen Verein binden, um diesen während der vereinbarten Vertragslaufzeit vorzeitig zu verlassen, empfindet er als Unding.
Auf die neue Aufgabe bei Hannover 96 haben sich Cherundolo und Kind per Handschlag geeinigt. Auf die Frage, welche Rolle der Präsident dem angehenden Trainer noch zutraut, kann es nur einen Antwort geben. „Ich traue ihm zu“, sagt Kind voller Pathos, „dass er eines Tages Bundesligatrainer von Hannover 96 sein wird.“