Essen. Felix Magath gibt den verschmähten Retter, dabei verhandelte er längst mit seinem neuen Arbeitgeber in London. Der HSV entlässt trotzdem seinen Coach Bert van Marwijk nach dem neuen Trauerspiel in Braunschweig und hofft, dass nun irgendwie alles besser wird. Ein Kommentar.

Das Stadion an der Hamburger Straße liegt zwar in Braunschweig, aber es ist der jüngste Ort, an dem der Hamburger SV seinem Selbstzerstörungsdrama einen weiteren Akt hinzugefügt hat. Nach dem 2:4 beim Aufsteiger hüllte schwarzer Rauch den HSV-Block ein und zeigte symbolisch, was in Hamburg fehlt: Weit- und Einsicht.

Seit Wochen zerfleischt sich der HSV auf offener Bühne, es geht vor allem um Gremien und Strukturen, so als ob davon allein Wohl und Wehe abhingen. Die Strukturen stimmen nicht? Ach. Wer sich einen elfköpfigen Aufsichtsrat leistet, wundert sich, dass Wichtigtuer und Selbstdarsteller ihn zur Quatschbude verkommen lassen? Aber Fehler begehen in erster Linie Menschen, und der HSV bietet ein fast schon groteskes Schauspiel an Eitelkeiten, Intrigen und Grabenkämpfen.

In diesem Zirkus war der Trainer die ärmste Sau. Bert van Marwijk zu entlassen, bleibt vielleicht noch das geringste Übel, das der HSV ihm zugefügt hat. Und doch war der Schritt notwendig. Desolate Ergebnisse, jämmerliches Auftreten der Mannschaft – nichts sprach noch für diesen Coach. Vielleicht gelingt Mirko Slomka, oder wer immer als nächster mal ran darf, die Rettung, die Tabelle lässt dem HSV noch viele Möglichkeiten. Aber die Frage bleibt, ob nicht längst nur noch der Sturz in die 2. Liga das Umfeld des Vereins von seiner Großmannssucht kurieren kann.

Das Image wiegt schwer

Womit man bei Felix Magath wäre. Von Teilen des HSV – warum auch immer – herbeigesehnt wie ein Erlöser, ist Magath zweigleisig gefahren. Es ist sein gutes Recht, nebenher mit Fulham zu verhandeln um Plan B aus der Tasche ziehen zu können. Unerträglich ist nur, wie scheinheilig Magath sich hinterher als Opfer verkauft, als den verprellten Retter mit der Raute im Herzen, der schließlich absagen musste. Absage? Auf welches Angebot hin denn überhaupt?

Aber es ist wohl so: Im Showgeschäft Bundesliga wiegt das Image schwer. Darum wird einer wie Jens Keller, der viel ausgehalten hat und nun mit Schalke eine beachtliche Kurve nach oben nimmt, stets zu kämpfen haben. Im Gegensatz zu anderen, die – auch auf Schalke schon – verbannte Erde hinterlassen und immer noch zeigen dürfen, worum es ihnen geht: sich selbst.