Berlin. Japans junge Garde mischt derzeit die Fußball-Bundesliga auf. Nachdem Shinji Kagawa Borussia Dortmund vor der Saison in Richtung Manchester verlassen hat, erobern andere Namen Deutschlands Fußball-Bühne.
Die Japaner erobern die Bundesliga. Nur knapp drei Monate nach dem Wechsel von BVB-Publikumsliebling Shinji Kagawa zu Manchester United sorgen seine Erben für Furore. Die Kagawa-Nachfolger mischten am vergangenen Spieltag mit drei Torschützen und etlichen Torvorlagen die Liga auf. Experten glauben, dass die Asien-Importe Deutschlands Fußball-Oberhaus nachhaltig bereichern.
"Diese Entwicklung ist kein Zufall. Die Lokomotive Kagawa hat Japans Spieler den Markt in Deutschland geöffnet. Sie leben hier auf", sagte Volker Finke, zuletzt Sportdirektor beim 1. FC Köln. Der 64-Jährige trainierte 2009 und 2010 Top-Klub Urawa Red Diamonds, hat die neuen Bundesliga-Helden noch in ihrer Heimat spielen sehen. "Es ist schon enorm, wie rasant sich der Fußball dort entwickelt hat, obwohl er nicht zu den traditionellen Sportarten gehört."
Inui begeistert Finke
Besonders angetan ist Finke von Angreifer Takashi Inui. Eintracht Frankfurt ließ sich die Künste des Ex-Bochumers 1,3 Millionen Euro kosten. Am Samstag erzielte der offensive Mittelfeldspieler beim 3:2 über den Hamburger SV das 1:0. "Ich sehe ihn noch vor mir, wie er mit Kagawa bei Cerezo Osaka durch den gegnerischen Strafraum wirbelte. Ich bin gespannt, ob dieses Duo irgendwann bei einem Klub mal wieder gemeinsam wirbelt. Lohnen würde es sich", sagte Finke.
Noch mehr gefeiert wurde am dritten Spieltag Hiroshi Kiyotake. Die Neuverpflichtung des 1. FC Nürnberg wechselte für rund eine Million Euro von Cerezo Osaka zu den Franken. Beim 3:2 in Gladbach bereitete er zwei Treffer vor und erzielte einen nach toller Einzelleistung selbst. Der 22-Jährige erwies sich in den ersten drei Spielen als echte Verstärkung und erinnert dank seiner starken Technik an Kagawa, der momentan mit Rückenproblemen zu kämpfen hat.
Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass Kiyotake mit Kagawa verglichen wird. Vor zwei Jahren hatte der Wirbelwind bei Cerezo Osaka die Nachfolge des neuen United-Stars angetreten. Er hat einen starken Zug zum Tor und brilliert bei Standards. "Kio ist ein Instinktfußballer", sagt Nürnbergs Trainer Dieter Hecking. Er habe im Training sofort begriffen, was Trainer und Mannschaft wollten.
Bundesliga-Teams können mit Japan gute Geschäfte machen
Im Aufwind ist auch Takashi Usami. Nach einem verkorksten Jahr beim deutschen Rekordmeister Bayern München sorgt der Techniker bei 1899 Hoffenheim derzeit für einige der wenigen Höhepunkte. Beim 3:5 in Freiburg spielte Usami erstmals von Beginn an. Er erzielte ein Tor und bereitete ein weiteres vor.
Neben dem Trio suchen weitere Nippon-Profis in der deutschen Elite-Liga ihr Glück. Der VfB Stuttgart hat Verteidiger Gotoku Sakai und Stürmer Shinji Okazaki unter Vertrag. Atsuto Uchida und Makoto Hasebe gehören bei Schalke 04 und VfL Wolfsburg zum etablierten Personal. Für Finke bietet sich der Bundesliga da ein interessanter Markt: "Wenn die Klubs jetzt ein bisschen clever sind, machen sie gute Geschäfte mit Japan."
Allerdings ist es nicht immer einfach, Spieler aus Fernost in deutschen Klubs zu integrieren. Obwohl viele von ihnen englisch in der Schule gelernt haben, scheuen sie den Gebrauch der Fremdsprache. Junge Spieler sind äußerst höflich, beginnen von sich aus selten ein Gespräch mit älteren Spielern. Die Demut treibt manchmal seltsame Blüten, wie sich Finke erinnert: "Ab und zu kamen Spieler nach einer Niederlage auf der Rückfahrt im Bus zu mir und entschuldigten sich via Dolmetscher dafür, dass sie drei Torchancen vergaben." (sid)