Doha. Nach dem tragischen Hausbrand scheint der Brasilianer ein neuer Mensch zu sein. Er möchte nun sogar seinen Vertrag verlängern. Doch Nerlinger und Heynckes bremsen seine Euphorie.
Der Sondermaschine aus Katars Hauptstadt Doha hatte noch nicht in Richtung Neu-Delhi abgehoben, da hatte Breno es sich schon bequem gemacht. Die Lehne nach hinten, den Kopfhörer auf dem Ohr, die Beine hochgelegt: Für Bayern Münchens Problemkind ist die neuntägige Reise mit dem Rekordmeister Balsam für die Seele. Über 5.000 Kilometer von den Sorgen der vergangenen Monate entfernt, wirkt der 22-Jährige wie ein neuer Mensch. Schlank wie nie, integriert und motiviert - eine Zukunft in München scheint dennoch schwer vorstellbar.
Breno noch immer unter Verdacht
Stets um Diplomatie bemüht äußerten sich die Bayern-Bosse in der Trainingswoche am Persischen Golf über Breno, der nach wie vor unter Verdacht der schweren Brandstiftung steht. "Ein Vertrag ist in meinen Augen nicht das Thema. Für ihn und uns ist es das wichtigste, dass er sportliche Schritte macht", sagte Sportdirektor Christian Nerlinger. Trainer Jupp Heynckes schloss eine Verlängerung des im Sommer auslaufenden Vertrags mit dem Brasilianer zwar nicht kategorisch aus, warnte aber trotz der guten Trainingseindrücke vor zu viel Euphorie. Mehr als den "Jungen an die Hand zu nehmen", kann auch der Trainer nicht machen.
Zumindest aber motiviert der 66-Jährige - in jeder Einheit im ständigen Dialog mit Breno: "Er hat im nächsten halben Jahr die Möglichkeit, besser zu sein als je zuvor." Breno will die Herausforderung annehmen. Der Brand seiner Villa im September scheint den zuvor auf Abwege geratenen jungen Familienvater wachgerüttelt zu haben. Freudig, mit breit geschwellter Brust präsentierte er sich schon beim Abflug in die Wüste. "Ich weiß, dass ich Glück habe, diese Chance noch einmal zu bekommen, und möchte sie nutzen", sagte er "Sport Bild". Zum ersten Mal nach jahrelangen Verletzungssorgen fühle er sich "richtig gut. Ich spüre Vertrauen."
Der "Fall Breno" ist wohl einer der verzwicktesten der Geschichte des Rekordmeisters. Man merkt der Chefetage der Bayern an, dass sie Verantwortung spüren für das Jahrhunderttalent, als welches Breno eigentlich vor vier Jahren für elf Millionen Euro an die Isar geholt wurde. Die sportlichen Perspektiven des stämmigen Innenverteidigers sind jedoch trotz des Eifers, den er seit dem "tragischen Ereignis" (Heynckes) an den Tag legt, eher gering. "Es ist toll, wie er trainiert, aber Wettkampf ist eben etwas anderes", sagte Heynckes. In zwei Testspielen (13:0, 5:0) kam Breno im Rahmen des Trainingslagers zum Einsatz. Dass er beim einzigen echten Härtetest gegen den ägyptischen Spitzenklub Al-Ahly Kairo (2:1) aber gar nicht erst im Kader stand, spricht Bände.
Bayern München legten 500.000 Euro Kaution aus
Wie die Bayern reagieren, falls Breno im anstehenden Prozess mit der drohenden Haftstrafe belegt wird, ist kaum vorherzusagen. 500.000 Euro Kaution haben sie schon auf den Tisch gelegt, um ihn auf freien Fuß zu bekommen. Auch das Ausreiseverbot wurde wohl mit ihrer Hilfe gelockert.
"Im Moment kann ich sagen: Ich kann mir eine Zukunft in München gut vorstellen, wenn auch der Verein mit mir weiterarbeiten möchte", sagte Breno. Zu lange hat sich der damalige Teenager aber wohl versteckt, isoliert, gesperrt gegen Integration in die Mannschaft, als dass er das in den verbleibenden sechs Monaten nachholen könnte. Heynckes ist es jetzt ein Anliegen, ihn zumindest reifen zu lassen: "Vielleicht ist er dann so weit, in einem anderen Klub zu spielen."
In Brenos Kopf schwirrten wohl viele Gedanken, als er es sich in seinen großzügigen Business-Class-Sessel sinken ließ. Als einziger Spieler scheint er den lästigen Marketing-Trip nach Indien aber zu genießen. Hauptsache weg von all den Sorgen. (dapd)