Köln. . Kölns Trainer Stale Solbakken sorgte kurz nach seinem Amtsantritt für viel Wirbel beim FC. Der norwegische Trainer wollte ein neues System umsetzen und hat Lukas Podolski als Kapitän abgesetzt. Doch allmählich geht sein Konzept auf.

Es ist ja nicht so, als habe Stale Solbakken nicht gewusst, worauf er sich einlässt. Schließlich hetzt der 1. FC Köln seit 33 Jahren der eigenen Vergangenheit hinterher. 1978 gewann Hennes Weisweiler mit dem Verein die Meisterschaft, seitdem träumt der „Effzeh“ von den alten Zeiten, weil die neuen so wenig zum Träumen hergeben. Dutzende von Trainern haben sich an der Diva vom Rhein versucht und sind ausnahmslos gescheitert. Mal an sich, mal an der Mannschaft, oft am treuen Kölner Begleiter: der Panik, die sich nach der ersten Niederlage so breit macht wie der Rhein bei Hochwasser.

Stale Solbakken ist ein gelassener Typ

Und nun steht da dieser verschmitzte Norweger mit dem lustig klingenden Namen und schafft ein kleines Kunststück: Er hat fünf Siege und sechs Niederlagen auf dem Konto, das ist sogar ganz achtbar, aber achtbar hat Köln noch nie gereicht. Solbakken schafft es trotzdem, ein bestimmtes Gefühl in der Stadt zu erzeugen: Es könnte passen.

Stale Solbakken, dessen Name sich wie Stoahle Sullbakken ausspricht: Es sitzt einem ein freundlicher lächelnder Mann gegenüber, der perfekt Englisch spricht, sich aber bemüht, auf deutsch zu erzählen. Solbakken ist schmächtiger als er im Fernsehen rüber kommt, und was er ausstrahlt, ist die Gelassenheit eines Mannes, der genau wusste, worauf er sich im ewigen Kölner Himmelhochjauchzend einlassen würde. Oder war es doch das zu Tode betrübt?

Solbakken überlebte minutenlangen Herzstillstand

Seine Mitte zwischen diesen Extremen hat der 43-Jährige nach einem Erlebnis gefunden, das man sich nicht vorstellen kann, nicht vorstellen will: Am 13. März 2001 bricht Solbakken, damals 33 Jahre alt und Spieler beim FC Kopenhagen, auf dem Trainingsplatz zusammen. Mannschaftsarzt Frank Odgaard kämpft gegen den Herzinfarkt und gegen den Tod Solbakkens – und verliert. Acht Minuten lang schlägt Solbakkens Herz nicht mehr, er ist klinisch tot. Dann holen ihn die Ärzte doch noch zurück. Nach vier Tagen im Koma ist er über den Berg. Später setzt man ihm einen Schrittmacher ein, mit dem er seit jetzt zehn Jahren lebt, gut lebt. „Ich kann dazu nichts weiter erzählen“, sagt Stale Solbakken, „ich erinnere mich an nichts.“ Dann lächelt er: „Auch nicht an ein weißes Licht.“

Sein Nahtod hat Solbakken Gelassenheit gelehrt. Man darf das nicht mit einem Mangel an Ehrgeiz verwechseln. „Wenn wir ein Spiel verlieren, ärgere ich mich. In diesem Moment ist das Spiel die wichtigste Sache der Welt“, sagt er. „Aber ich habe gelernt, die kleinen Dinge des Lebens richtig einzuordnen.“

In Köln scheint er das sogar mit den großen Dingen zu schaffen. Als Solbakken im Sommer seine Arbeit aufnahm, tat er Unerhörtes: er entschied sich gegen Lukas Podolski als Kapitän und paukte mit der Mannschaft ein komplett neues Spielsystem ein. Daran knabberte ein Teil der Spieler wochenlang. Inzwischen hat Solbakken Abstriche gemacht, er hat seine Vorstellung vom Idealfußball variiert, ist auf seine Spieler zugegangen. Geschadet hat es ihm nicht, im Gegenteil.

Podolski unter Solbakken so stark wie nie zuvor

Auch die andere Geschichte hat Solbakken jetzt im Griff: Er hätte im Sommer auch damit beginnen können, den Dom abzureißen, der Aufschrei wäre nicht größer gewesen als im Fall Podolski. Heute spielt der Stadtheilige so stark, so konstant stark wie noch nie seit seiner Rückkehr. Man müsse, sagt Solbakken, jeden anders behandeln, Podolski wolle halt Spaß auf dem Platz haben. Das klingt einfach, und doch hat es der Trainer hinbekommen, den Spaß mit taktischer Disziplin und defensiver Arbeit zu verknüpfen.

Nun hoffen sie sogar, dass dieser freundlich wirkende Trainer seinen Teil dazu beitragen kann, Podolski in Köln zu halten. Dessen Vertrag läuft 2013 aus, langsam wird es ernst: Bleibt er? „Ich glaube es, ich hoffe es, wir kämpfen“, sagt Solbakken. Seine Argumente klingen sinnvoll: Man müsse Podolski davon überzeugen, dass man eine starke Mannschaft aufbauen werde. Auch das haben in Köln viele versucht, geklappt hat es nie.

Nun also Solbakken, der langsam heimisch zu werden scheint. Ein Sohn spielt beim FC Fußball, der andere bei Borussia Lindenthal. Wenn die immer nervöse Medienszene es wünscht, setzt sich Solbakken schon mal in der Südstadt in eine Kneipe, um „Himmel un Ääd“ zu essen. Das macht er klaglos mit. Wichtiger ist anderes: „Wir müssen“, sagt er vor dem heutigen Derby gegen Gladbach (20.30 Uhr), „konstanter werden. Dann ist in Köln vieles möglich.“