Essen. Wenn SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach Fußball “Brot und Spiele“ nennt, greift er nicht die Klubs an, er trifft die Zuschauer. Ein Kommentar.
Er hat es wieder getan: SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat die Fußball-Bundesliga erneut als „Brot und Spiele“ bezeichnet. Das ist natürlich eine bewusste Provokation, die Stadien der Bundesligisten mit den Arenen der Antike zu vergleichen, in denen mit blutigen Gladiatorenkämpfen und anderen „Belustigungen“ mit meist tödlichen Ausgang die Bevölkerung von hartem Alltag und politischen Intrigen abgelenkt werden sollte.
Hat Lauterbach damit Recht?
Fußball macht sich angreifbar
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Natürlich ist der Fußball, sind Teile des Leistungssports, ein gewaltiger Geschäftsbetrieb. Der Profi-Fußball hat mit gigantischen Ablösesummen, kaum nachvollziehbaren Gehältern und einem Verhalten, das zwischen abgehobenem Goldsteakverzehr der Spieler und arrogantem Selbstbewusstsein mancher Klubverantwortlichen pendelt, sich wirklich angreifbar gemacht.
Nicht alles beim Fußball läuft rund. Es besteht, darüber diskutieren in der Corona-Krise auch die Funktionäre mittlerweile ausgiebig, Rede- und Reformbedarf.
Niemand macht sich die Frage des Spielbetriebs einfach
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Auch die Frage, ob die Bundesliga den Spielbetrieb wieder aufnehmen soll, kann man kontrovers diskutieren. Dass das in keiner Hinsicht eine einfache Entscheidung ist, wird niemand infrage stellen. Die Argumente gegen den Spielbetrieb wiegen schwer.
Versteht Karl Lauterbach den Fußball?
Wenn Karl Lauterbach aber immer wieder die Brot-und-Spiele-Metapher missbraucht, liegt er falsch. Weil er den Fußball nicht versteht? Fußball ist viel mehr als ein Geschäft. Er stiftet Identifikation, er bewahrt Tradition und gerade in weiten Teilen von NRW bedeutet er Seele. Lauterbach muss sich nicht einbilden, die Menschen, die Woche für Woche ins Stadion gehen, wüssten nicht, was bei ihrem Klub, was in der Bundesliga schief läuft. Das ist ihnen nicht gleichgültig, das ist ihnen gleichzeitig total egal, weil sie mit blinder Leidenschaft lieben.
Wenn Karl Lauterbach so launig von „Brot und Spiele“ spricht, greift er zudem nicht die Klubs oder die DFL als Spitzenorganisation an. Er trifft die Menschen in den Stadien – und alle anderen, die Fußball ohne die Farben zu tragen lieben, auch. Er spricht den Millionen Fußballfans ab, sich mit dem Problemen des Fußballs, mit den Auswirkungen der Corona-Krise bewusst auseinanderzusetzen. Das ist nicht nur provokativ. Das ist elitär. Die Menschen, die den Fußball lieben, mit einem ungebildeten, manipulierbaren - faktisch also unmündigen - Plebs der römischen Antike gleichzusetzen - das ist auch noch zutiefst undemokratisch.