Essen. Noch ist nicht klar, ob die Bundesliga wirklich zum Spielbetrieb zurückkehrt. Die Debatte ist jedoch bereits erregt. Ein Kommentar.

Noch ist nichts entschieden. Bislang gibt es nur eine Willenserklärung von zwei – einflussreichen – Ministerpräsidenten, die sich „vorstellen könnten“, ab Mai den Bundesligaspielbetrieb mit Geisterspielen wieder zuzulassen. Und dennoch kochen die Emotionen schon wieder hoch: Provokationen, Sticheleien, Fouls. Das volle Programm, wie man es vom Rasen kennt. Der geneigte Zuschauer könnte beinahe glauben, mehr brauche er zu seiner Unterhaltung nicht.

Die übliche Hybris

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Ist es wirklich hilfreich, wenn Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge herumposaunt, dass die Bundesliga „wahrscheinlich“ die erste sei, die den Spielbetrieb wieder aufnimmt. Da klingt dann wieder doch die Hybris durch, die oft verstört und zudem den Dialog mit einigen Fan-Gruppierungen so schwer machen.

Kritik zur Unzeit

Wenn diese Fan-Gruppen wiederum jetzt gegen Geisterspiele agitieren, weil diese zeigten, dass der Fußball längst seine Seele verkauft haben, scheinen sie zu vergessen, dass vielen Klubs wirtschaftlich das Wasser bis zum Hals steht. Ohne Geisterspiele rückt das Aus gerade für die von Fan-Gruppierungen Fans beschworenen Traditionsklubs immer näher. Berechtigte Kritik? Vielleicht, aber zur Unzeit.

Dass sich Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach permanent einmischt und zur Liga und anderen Sportarten sagt, dass niemand „Brot und Spiele“ braucht – ist höflich formuliert – nicht hilfreich.

Das Dilemma rund um die Geisterspiele

Das ganze Dilemma rund um die Geisterspiele lässt sich durch drei Aussagen von BVB-Boss Hans-Joachim Watzke in einem Interview in all seiner Tiefe gut erahnen.

Der Realist Watzke sagt: „Das ist kein Hobby, das ein Beruf.“ Jeder Wirtschaftsbetrieb hat das Recht um seine Existenz, jede Führungskraft die Pflicht, um die Jobs seiner Mitarbeiter zu kämpfen. Das gilt natürlich auch für Fußballklubs.

Der Verkäufer Watzke sagt: „Ich hoffe, dass die Fans wieder ein bisschen Lebensfreude verspüren, wenn ihre Vereine ab Mai wieder spielen.“ Das mag sein, aber viele Menschen haben derzeit ganz andere Sorgen. Die Bundesliga will zudem (siehe oben) den Spielbetrieb nicht aus purer Menschenliebe wieder aufnehmen.

Der Romantiker Watzke sagt: „Wir müssen uns darauf besinnen, wie wir angefangen haben, Fußball zu spielen: Auf der Wiese ohne Fans. Man hatte einfach Spaß.“ Das ist so wahr. Das ist so einfach. Weil der Fußball dann doch so kompliziert ist, erregt er die Gemüter. Das ist oft schön und manchmal einfach schade.