München. Erst Vorstandslehrling, dann Chef: Oliver Kahn kehrt zum FC Bayern zurück. Im Januar legt Kahn los. Es ist der Wunsch von Uli Hoeneß.
Uli Hoeneß hielt kurz inne, seine Mundwinkel zuckten leicht, sein Blick erzählte von Verärgerung oder mindestens Unverständnis. Doch er mäßigte sich, als er zu seiner Antwort auf diese „ziemlich forsche Frage“ ansetzte, ob Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern München, auch etwas habe sagen dürfen zur Personalie Oliver Kahn, der nun offiziell als Rummenigges Nachfolger ab Ende 2021 berufen wurde.
Hoeneß wirkt aufgeräumt und erleichtert
Der Aufsichtsrat bestelle den Vorstand, erklärte der Präsident und Aufsichtsratschef Hoeneß. Aber natürlich sei Rummenigge, 63, eingebunden gewesen in den Beschluss vom Donnerstagabend, wonach der langjährige Bayern-Torwart Kahn, 50, ab dem 1. Januar als Vorstand einsteigt und nach einer Einarbeitung von etwa einem Jahr sukzessive Rummenigges Aufgaben übernehmen wird. „Also machen Sie sich nicht lächerlich“, rief Hoeneß, 67, vom Podium in der Münchner Arena dem Fragesteller zu, der auf die Machtrangeleien zwischen den beiden Alphatieren abgezielt hatte.
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Es war einer der ganz wenigen Momente am Freitag, in denen sich Hoeneß so angriffslustig präsentierte, wie ihn das Publikum oft in mehr als 40 Jahren als Macher des FC Bayern erlebt hat. Abgesehen davon trat Hoeneß aufgeräumt und sogar erleichtert auf nach seinem Entschluss, seine Spitzenämter in seinem Verein in zweieinhalb Monaten aufzugeben. Am Donnerstagabend war das offiziell geworden, ebenso wie die Kandidatur seines Freundes Herbert Hainer, 65, als Nachfolger.
Hymnisches Lob für Hainer
Dass die Mitglieder den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Anteilseigners Adidas auf der Jahreshauptversammlung (JHV) am 15. November zum Präsidenten wählen werden, gilt als ebenso sicher wie seine anschließende Übernahme des Chefpostens im Aufsichtsrat, wo er derzeit als Stellvertreter von Hoeneß fungiert. „Ich halte Herbert Hainer für einen Mann, der für diese Position absolut perfekt geschaffen ist“, sagte Hoeneß.
Ähnlich hymnisch äußerte er sich über Kahn, der als ZDF-Experte eine „großartige Entwicklung“ durchlaufen habe, ein „sehr reflektierter Mensch“ sei und „einen hervorragenden Eindruck gemacht“ habe, als er sich dem Aufsichtsrat als künftige Führungsfigur vorstellte. „Oliver Kahn kennt den Fußball, er kennt die Wirtschaft und er trägt die DNA des FC Bayern in sich.“
Hoeneß will Klub in "einem super Zustand" übergeben
Der künftige starke Mann meldete sich auf Twitter zu Wort: „Ich danke dem Aufsichtsrat für sein Vertrauen und freue mich darauf, die neue Herausforderung mit Leidenschaft und Enthusiasmus anzugehen.“
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Mit Hainer und Kahn begründete Hoeneß unter anderem auch seinen seit einem Jahr gereiften Entschluss, sich nun zunehmend zurückzuziehen und in den kommenden Jahren nur noch die Funktion des einfachen Aufsichtsratsmitglieds bekleiden zu wollen. Er habe den Verein „in einem super Zustand“ übergeben wollen, was sportlich und wirtschaftlich der Fall sei. Und er habe den Verein so übergeben wollen, dass dieser personell gut aufgestellt sei.
Die seiner Ansicht nach fruchtbare Streitkultur mit Rummenigge habe nichts mit dem Rückzug zu tun. Auch nicht die massive Kritik aus Reihen der Mitglieder auf der JHV im November 2018. Vielmehr habe er verhindern wollen, am Ende einer großen Karriere – wie viele Politiker und Wirtschaftsbosse – „abgeschlachtet“ zu werden, wie es Hoeneß gewohnt wuchtig formulierte.
Hoeneß überraschte sogar seine Frau
Da war er wieder, der Hoeneß, der polarisiert. Doch er hat es mit seinem Entschluss zum Rückzug auch geschafft, das Publikum zu überraschen – und sogar seine Susanne, die ihn schon lange um mehr Zeit mit der Familie gebeten hatte. „Meine Frau konnte es bis gestern nicht glauben“, erzählte Hoeneß amüsiert. Ganz zurückziehen wird er sich aber nicht, auch nicht aus der Öffentlichkeit. „Sie brauchen sich keine Sorgen machen, von mir wird schon noch was zu hören sein“, sagte er.