München.

Als Uli Hoeneß (67) bei der Ehrung der Double-Gewinner im Garten der Staatskanzlei mit Sprechchören gefeiert wurde, hätte ihn Wehmut befallen können. Der Patriarch des Bundesligisten FC Bayern als umjubeltes Familien-Oberhaupt, „das hat mir unheimlich gefallen“, sagte er.

Es war ja so ganz anders als auf der Jahreshauptversammlung (JHV) im November, als Hoeneß vom Redner Johannes Bachmayr scharf angegangen wurde, wofür dieser von vielen anderen Mitgliedern Applaus erhielt. Hoeneß erntete damals viele Buh-Rufe, als er eine Debatte über die vorgebrachte Kritik verweigerte. In dieser ging es um Hoeneß‘ Auftreten („Der FC Bayern ist keine One-Man-Show“), sein Nachtreten gegen Ehemalige wie Juan Bernat und Paul Breitner und um Hoeneß‘ Kritik an staatlicher Unterstützung für internationale Konkurrenz-Klubs, obwohl die Münchener auch mit Katar kooperieren. All das wirkte am Mittwoch ziemlich fern, als Hoeneß als der „beste Mann“ gefeiert wurde.

Nachfolger Hainer steht bereit

Geändert hat die Verehrung an seinem reiflich überlegten Entschluss selbstredend nichts, seine Ämter als Präsident und Chef des Aufsichtsrats bald aufzugeben. Das teilte der FC Bayern am Donnerstagabend nach einer Aufsichtsratsitzung in einer Pressemitteilung mit. An diesem Freitag wird Hoeneß auf einer Pressekonferenz öffentlich zu seinem Rückzug Stellung nehmen. Für die Präsidentenwahl bei der kommenden JHV am 15. November wird der ehemalige Chef des Anteilseigners Adidas, Herbert Hainer, 65, auf Hoeneß‘ Wunsch für seine Nachfolge kandidieren. Hainers Wahl durch die Mitglieder gilt ebenso als sicher wie anschließend die Übernahme des Chefpostens im Aufsichtsrat.

Neben familiären Gründen hätten zu Hoeneß’ Entscheidung auch der „Schock“ über Bachmayrs beklatschte Grundsatzkritik und die ständigen „Zwistigkeiten“ mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge beigetragen, sagte der Chef des Verwaltungsbeirats, Edmund Stoiber. Womöglich haben Hoeneß die jüngsten Huldigungen sogar bestärkt, den Zeitpunkt als richtig gewählt zu empfinden.

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Hoeneß, der Spieler (1970 – 1979) und vor allem polarisierende Macher des FC Bayern (seit 1979), kann sich so nach mehr als 40 Jahren in der Verantwortung unter viel Beifall zurückziehen statt zum Rücktritt gedrängt zu werden. Es ist eine Zäsur, doch gehen wird Hoeneß nicht so ganz. Einfaches Mitglied im Aufsichtsrat wird er bleiben, wodurch er Einfluss behält auf alle wichtigen Entscheidungen. Zudem weiß er, dass sein Freund Hainer den Klub in seinem Sinne weiterführen wird.

Schon am Mittwoch hatte Hoeneß anklingen gelassen, dass er die Zukunft mitgestalten möchte, nur eben mehr aus dem Hintergrund. „Die Hilfe für den FC Bayern hat ja nichts mit dem Amt zu tun“, sagte der 67-Jährige, „ich habe immer gesagt, dass ich dem Verein, was immer ich tun kann, zur Verfügung stehe – und das ist nicht an irgendein Amt gebunden.“

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Bevor er seine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung (2014 bis 2016) antrat, hatte Hoeneß 2013 sogar gesagt: „Ich werde diesem Verein dienen, bis ich nicht mehr atmen kann.“ Dass er weiter seinen Einfluss geltend machen wird, glaubt auch Kapitän Manuel Neuer. „Ich denke, auch wenn Uli Hoeneß nicht mehr Präsident ist, lässt er nicht locker“, so der Torwart. Gewappnet für die sportlichen Herausforderungen sieht Hoeneß seinen Verein bereits. „Wir waren selten so breit aufgestellt und gut vorbereitet vor einer Saison“, befand er nach den jüngsten Zugängen von Philippe Coutinho, Ivan Perisic und Mickael Cuisance. Die aktuelle Double-Ehrung empfand Hoeneß auch deshalb als „Vorboten für die Saison, die ich kommen sehe“.

Dazu beitragen soll Robert Lewandowski, 31, der seinen Vertrag vorzeitig um zwei Jahre bis 2023 verlängerte. Der Stürmer hatte mit Real Madrid geliebäugelt. Nun hat er sich bis kurz vor seinem 35. Geburtstag an die Münchener gebunden, dem Vernehmen nach versüßt mit einer Gehaltserhöhung. Auch wegen Coutinhos Verpflichtung sieht Lewandowski in München die Chance, sein Ziel zu erreichen: den Gewinn der Champions League.