Essen. . Philipp Lahm spricht kurz vor seinem Rücktritt über die Bayern-Vormacht in der Bundesliga und Uli Hoeneß. Der Kapitän hat Lob für den BVB übrig.
Neunmal in der Bundesliga, maximal zweimal DFB-Pokal, möglicherweise fünf Einsätze in der Champions League: Die Abschiedssaison von Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm beim FC Bayern nähert sich absehbar dem Ende zu. Der 33-Jährige wird zwar am 20. Mai nach dem Heimspiel gegen den SC Freiburg zum siebten Mal die Salatschüssel in die Luft recken. Und, DFB-Pokal und Champions League mal außen vor, einen würdigen Karriere-Abschluss feiern. Als Stärke des deutschen Rekordmeisters legt Lahm den 27. Bundesligatitel aber nicht aus.
„Beim Rest fehlt es an Qualität“
In einem Interview mit dem Magazin „stern“ lässt Lahm kein gutes Haar an der Konkurrenz – außer an Borussia Dortmund. Der BVB habe „eine unglaublich talentierte Mannschaft. Die hätte die Bundesliga-Saison enger gestalten können. Beim Rest fehlt es den meisten an Qualität, das muss man so deutlich festhalten“, sagt Lahm.
In die Beurteilung eingeschlossen sind gerade auch der FC Schalke 04, der am Samstag (15.30 Uhr/Sky) Borussia Dortmund zum 150. Derby erwartet, und der VfL Wolfsburg. Lahms Einschätzung: „Wenn wir nach 25 Spieltagen 13 Punkte Vorsprung haben, heißt das, dass sich auch andere gut gestellte Klubs wie Schalke oder Wolfsburg nicht so aufgestellt haben, dass sie konstant gewinnen.“
Auch interessant
Die Finanzunterschiede zwischen dem Bundesliga-Krösus, der in der Saison 2015/16 mit 592 Millionen Euro Umsatz laut der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte der viertstärkste Fußballklub weltweit hinter Manchester United, FC Barcelona und Real Madrid war, und dem Rest lässt Lahm nicht gelten. Auch wenn es selbst zu Borussia Dortmund (11. Platz/283,9 Millionen Euro Umsatz) und Schalke 04 (14./224,5), beide im Deloitte-Ranking unter den Top 20, einen deutlichen Vorsprung gibt. Lahm sagt: „Die finanziellen Verhältnisse in der Liga waren in den Jahren, als wir Zweiter oder Vierter geworden sind, nicht so sehr anders.“
Das sieht Schalkes Sportvorstand Christian Heidel anders: „Wenn du einmal in der Königsklasse dabei gewesen bist, kannst du so viel mehr Geld in deine Mannschaft investieren. Die Wahrscheinlichkeit, sich in der nächsten Saison wieder für die Champions League zu qualifizieren, erhöht sich dann dramatisch.“
Zufall oder nicht: Schalkes Trainer Markus Weinzierl forderte im Gespräch mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ Verstärkungen für die Saison 2017/18: „Es kann nicht auf Dauer so sein, dass uns der Ausfall eines Spielers zwingt, von unserer Philosophie abzuweichen. Jetzt gilt es, solche besonderen Spieler wie Bayern-Stürmer Robert Lewandowski, Kölns Anthony Modeste oder den Dortmunder Pierre-Emerick Aubameyang zu finden.“
Hoeneß kann nicht loslassen
Eine hohe Vorgabe, für die das nötige Kleingeld her muss. Das spielte bei Philipp Lahms Entscheidung, nicht Sportdirektor beim FC Bayern zu werden, keine Rolle. Die nach wie vor mächtige Position von Präsident Uli Hoeneß führte zur Absage, wie Lahm gegenüber dem „stern“ bekräftigt: „Ich glaube, dass Uli Hoeneß noch zu tatkräftig ist, um loszulassen. Er will die Dinge selbst beeinflussen. Und das ist auch sein gutes Recht.“
Auch interessant
Die personelle Führungslage bei den Bayern ist auch ein gewichtiger Grund dafür, dass der Meister die vakante Position des Sportdirektors bisher nicht besetzt bekommt. Uli Hoeneß als Präsident und Aufsichtsratschef liegt in dieser Frage nicht unbedingt mit seinem Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge auf einer Wellenlänge. Aus diesem Grund herrscht auch keine Einigkeit, was eine Verpflichtung von Max Eberl anbetrifft.
Eberls Zweifel wegen Reschke
Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor ist ein Wunschkandidat von Uli Hoeneß. Ein offizielles Angebot für Eberl, der noch bis zum 30. Juni 2020 am Niederrhein unter Vertrag steht, lief bisher aber nicht im Borussia-Park ein. Dazu dürfte Eberl Zweifel daran hegen, neben Bayerns Kader-Chefplaner Michael Reschke genügend Einfluss auf die Besetzung des Rekordmeisters zu bekommen. In Gladbach hat Eberl alle sportlichen Fäden in der Hand.