Hamburg. Bruno Labbadia muss, wenn nicht ein weiteres Wunder geschieht, den HSV verlassen. Die Probleme beim Hamburger SV sind hausgemacht. Ein Kommentar.
Bruno Labbadia hat allen, wie sie heute beim Hamburger SV in der Führungsetage sitzen und ihre Meinung bilden, sprichwörtlich den Hintern gerettet. Die Mannschaft war am Ende, als er im Frühjahr 2015 kam, zermürbt und zerrieben von ständigen Trainer-, Manager und Systemwechseln. Labbadia kam, verlor in Bremen und tat, was er am allerbesten kam: Er konsolidierte die Mannschaft. Gab ihr ein Wir-Gefühl. Behielt die Nerven, als die Niederlage in Stuttgart passierte. Trieb die Fans zum Spalier auf dem Weg zum Stadion. Stieg zur Symbolfigur in der Hansestadt auf, dass nicht untergeht, was nicht untergehen darf. Der HSV blieb das einzige Gründungsmitglied der Fußball-Bundesliga, das noch nie abgestiegen ist. Es war ein Wunder.
Und jetzt muss Bruno Labbadia, wenn nicht ein weiteres Wunder geschieht, den HSV verlassen. Davongejagt wie vor ihm jeder andere Trainer, der bei weitem nicht das beim HSV geleistet hat wie er. So ist das Geschäft? Mag sein. Dann ist es ein doofes, weil undankbares Geschäft, was der einst stolze Hanseatenklub in der Bundesliga abliefert.
Natürlich ist fachlich einiges an Labbadia auszusetzen. Dass er die Mannschaft nach dem verhinderten Abstieg nicht weiterentwickelt hat. Dass er mit den Verstärkungen, die zu Saisonbeginn gekommen sind, nur einen Punkt aus vier Spieltagen geholt hat. Dass die Spielweise beim Hamburger SV keine Hoffnung auf Besserung vermittelt. Alles richtig.
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Was wir aber nicht wissen: Hat Labbadia wirklich die Spieler bekommen, die er für sein System wollte? Haben sie auf ihn gehört, als er Schwächen im Kader angesprochen hat? Hat er sein System deshalb auf den Modus „mutlos“ umgestellt, weil er die mangelnde Rückendeckung schon erahnt hat und deshalb auf Sicherheit spielen lassen wollte und musste?
Mit letzter Sicherheit können wir nur sagen: Bruno Labbadia hat den Klub vor dem Untergang gerettet, und die Dankbarkeit verleitete die HSV-Bosse nicht zu einem anständigen Umgang mit dem verantwortlichen Mitarbeiter. Welcher Nachfolger, der nicht in Not ist, tut sich bei klarem Verstand und einem solchen Umgang den HSV an? Kurzum: Der HSV hat ein Führungsproblem.
Entweder hat HSV-Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer schon immer an Labbadia gezweifelt: Dann hätte er nicht mit ihm in die Saison gehen dürfen. Oder er glaubt an ihn: Dann darf er eine öffentliche Diskussion, wie sie jetzt vor dem Bayern-Spiel um Labbadia entbrannt ist, erst gar nicht aufkommen lassen. Labbadia wurde fahrlässig und mutwillig in seiner Trainerposition geschwächt.
HSV verdient eine bessere Führung
Allein mit den Mechanismen des Trainermarktes ist der Fall Labbadia nicht mehr zu erklären. Spannend wird sein, wie das Publikum am Samstag im Volksparkstadion reagiert. Die sogenannten und angeblichen Fans haben voriges Wochenende alle Kräfte gebündelt, um gegen den Erfolg von RB Leipzig zu hetzen statt für den Erfolg der eigenen Mannschaft zu kämpfen.
Jetzt können die HSV-Fans zeigen, was sie von den Vorgängen im eigenen Klub halten. Vom Fall Labbadia. Von der eigenen Klubführung. Das alles dem Sponsor Kühne in die Schuhe zu schieben, wäre zu billig. Die Probleme beim Hamburger SV sind hausgemacht. Ach, bringen wir es auf den Punkt: Der HSV verdient eine bessere Führung.