Bottrop.. Seit fast 35 Jahren folgt Rudi seinem Klub Schalke 04. 1500 Auswärtsspiele hat er schon gesehen.Im Trainingslager ist er zum 66. Mal. Seit August 1988 fährt der 49-Jährige mit dem Bosch-Bus, seinem Fanbus.
Unter Tage auf Prosper-Haniel heißt er Hans-Jörg Reichl. Auf Schalke: Rudi. Berufliches und Privates trennt der 49-Jährige strikt. Rudi – das sind 40 Jahre Liebe zum FC Schalke 04. Wahre Liebe, die seit 1975 keine Grenzen kennt. Von Katar bis Karlsruhe, von Liepaja bis Leipzig. Gehen die Schalker auf die Reise, ist Rudi dabei. Ein Heimspiel hat er seit 34 Jahren nicht verpasst. Seit 31 Jahren auch in der Bundesliga auswärts keine Partie mehr. Das Testspiel am Mittwoch in Rosenheim ist sein 1500. Auswärtsspiel mit dem FC Schalke 04.
International sind es 134 von 136 Spielen, die Rudi seit 1996 im Stadion gesehen hat – im Uefa-Cup, in der Europa League und der Champions League. Nur in Donezk und Athen fehlt er. Und dann sind da noch die drei Partien im Intertoto-Cup 1992 beim Stade Malherbe Caen in Frankreich, beim RKC Waalwijk und gegen Lyngby BK in Dänemark. „Die Frau von der Geschäftsstelle hat mich angeguckt wie einen Außerirdischen, als ich Karten bestellt habe“, sagt Rudi und lacht. In seiner Sammlung stehen außerdem: 73 Hallenturniere und 66 Trainingslager.
Verantwortung für den Bosch-Bus
Den Mann, der auf der Johannastraße in Gelsenkirchen geboren wird, muss man nicht lange kennen, um festzustellen, dass er ein echter Kumpel ist. Einer, dem Ehrlichkeit, dem Zusammenhalt, dem Aufrichtigkeit bedeutender sind, als beispielsweise Kohle auf der hohen Kante. Wen Rudi seinen Freund nennt, der hat auch einen Freund.
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Im Sommer 1988 übernimmt Rudi die Verantwortung für den Bosch-Bus, den Fanbus, dessen Startpunkt vor jedem Auswärtsspiel die Vereinsgaststätte Bosch ist. Zuvor bietet die Schalker Jugendabteilung die Auswärtsfahrten an, das Geld fließt in die klamme Jugendkasse. Als die Nachfrage sinkt, stellt die Jugend den Bus ein. Kaum vorstellbar. Wo Schalke heute vorspielt, füllen sich die Stadien von selbst. Auf 10 000 Schalker kann sich die Mannschaft auswärts immer verlassen. Mindestens 60 Schalker reisen im Bosch-Bus an. „Die Zeiten, als wir mit zwei Bullis gefahren sind, oder Ostermontag mit zwölf Männekes in Freiburg waren, sind lange vorbei“, weiß Rudi. Der Bottroper macht keinen Hehl daraus, dass ihn der „Wahn“ um den FC Schalke manchmal irritiert. „Seit 1997 ist das ununterbrochen so. Seit dem Uefa-Cup-Sieg. Wo Erfolg ist, sind auch Fans“, sagt er. Erlebnistag oder Hospitality sind Vokabeln, die er gar nicht so gerne mit einem, mit seinem Fußballverein in Verbindung bringt. Aber Rudi ist kein Träumer, er kennt die Gesetze des Marktes genau. Er weiß, dass im Tagesgeschäft Bundesliga für pure Fußball-Nostalgie kein Platz ist.
Apropos Fußball-Nostalgie. Ostersonntag 1984, das ist so ein Tag ganz nach Rudis Geschmack. Ein Benefizspiel für elf Kumpel, die auf der Zeche Consol ihr Leben verloren haben. Die aktuelle Mannschaft trifft in der Glückaufkampfbahn auf die Schalker Pokalhelden von 1972. Als die Bergmannskapelle das Steigerlied anspielt, schämt sich Rudi seiner Tränen ebenso wenig wie viele der über 10 000 Zuschauer. „Das ist mein Schalke“, sagt Rudi. Und es ist das erste Spiel, das er gemeinsam mit seiner Claudia besucht – die Frau, die er drei Jahre später heiratet und die seitdem auch kaum ein Spiel verpasst. Eine Liebe, die niemals endet.
In 46 Stunden hin und zurück
Der 30. September 2004 ist auch so ein Tag mit Schalke, wie Rudi ihn am liebsten hat. Der Bosch-Bus macht sich auf zur ersten Uefa-Cup-Runde. In Lettland trifft Schalke auf Liepajas Metalurgs. Gelsenkirchen – Liepaja: 1743 Kilometer. 22 Stunden hin, fast 24 Stunden zurück. An Bord: die treuesten Bosch-Bus-Fahrer, die besten Freunde von Claudia und Rudi. „Im Bosch-Bus haben sich nicht nur Freunde gefunden, wir haben sogar Ehen geschlossen.“
Auf die Frage nach den Erwartungen für die neue Saison antwortet Rudi: „Genauso geile Touren wie immer.“ Klar! Und sportlich? „Alles über dem Strich ist Bonus“, erklärt er. „Schalke kann das Vierteljahrhundert 1. Bundesliga am Stück vollmachen.“ Erstmalig in der Vereinsgeschichte. Kaum zu glauben.