Essen. Guido Burgstaller, Ex-Schalker und Torjäger des FC St. Pauli, gab zu, nicht gefoult worden zu sein. Einen Elfmeter gab es aber trotzdem noch.

Es gab Zeiten in der ersten Hälfte dieser Saison, da war eine fast fühlbare Harmonie vorhanden, die Guido Burgstaller und Sturmpartner Daniel-Kofi Kyereh auf dem Platz verband. Doch im ersten Spiel dieses Jahres, in dem der im Januar beim Afrika-Cup befindliche und anschließend verletzte Kyereh wieder in der Startelf stand, ging der Pipeline zwischen den beiden Offensivkräften das Gas aus. Mehr noch: Der FC St. Pauli steckt in einer kleinen Krise, nur fünf Punkte aus sechs Spielen, aber satte 14 Gegentore stehen in der Rückrunde der 2. Fußball-Bundesliga für den einst gefeierten Herbstmeister zu Buche. Durch die 0:3-Heimpleite gegen Hannover 96 steht St. Pauli erstmals seit Mitte September auf keinem Aufstiegsrang mehr. Immerhin einen Lichtblick gab es: durch eine faire Geste des ehemaligen Schalker Publikumslieblings Burgstaller.

Es war eine eindrucksvolle Fairplay-Geste: In der 68. Minute war der Österreicher im Strafraum nach einer Grätsche von Hannovers Julian Börner zu Fall gekommen. Beim Stand von 0:2 die ideale und womöglich letzte Gelegenheit, die Partie zu wenden. Schiedsrichter Bastian Dankert ließ zunächst weiterspielen, wollte sich die kritische Szene jedoch bei nächster Gelegenheit auf Video ansehen. Bevor er den Kölner Keller zurate zog, fragte er den Kärntner Kicker – der gab zu, regelkonform vom Ball getrennt geworden zu sein.

Ex-Schalker Burgstaller: „Tadelloser Sportsmann“

„Ich habe die Szene zwar nicht gesehen, es wundert mich bei ihm aber überhaupt nicht. Wer Burgi kennt, weiß, dass er ein tadelloser Sportsmann ist“, sagte Schultz dazu. „Ich finde das gut, wir wollen uns nichts ergaunern, sondern fair erspielen.“ Alle, die an Karma glaubten, mussten sich elf Minuten später bestätigt fühlen, als Burgstaller seinen Elfmeter doch noch bekam.

Zwar hatte 96-Torwart Ron-Robert Zieler mit dem schwachen Schuss ins untere rechte Eck keine Schwierigkeiten, doch der Weltmeister von 2014 hatte zu früh die Linie verlassen. Wiederholung. Diesmal durfte Burgstallers Kumpel Kyereh ran – und knallte den Ball an die Unterlatte. Und so herrschte zumindest in puncto Strafstößen wieder traute Harmonie und Einigkeit zwischen St. Paulis beiden Offensivstars.

News und Hintergründe zu Schalke 04

In der sportlichen Krise versuchen die Verantwortlichen auf St. Pauli nun, die Ruhe zu bewahren. „Wir machen gerade eine nicht ganz so gute Phase durch. Auch das Spiel heute war sicher nicht das, was wir uns vorgestellt haben, aber trotzdem gehen wir den Weg zusammen weiter“, sagte Trainer Timo Schultz nach der ersten Saisonniederlage am Millerntor und versprach: „Wir werden auch wieder stabiler stehen und demnächst auch wieder mehr Tore schießen.“

Allerdings sind die Fakten alarmierend: Dem saisonübergreifend punktbesten Zweitligisten des Kalenderjahres 2021 sind nahezu alle Stärken abhanden gekommen. Vor allem die wackelige Hintermannschaft gefährdet das Projekt Aufstieg ernsthaft. Gegen Hannover habe man in der zweiten Halbzeit „Wildwest gespielt“, räumte Trainer Schultz ein. „Wir müssen lernen, die Ordnung zu wahren und geduldiger zu spielen“, sagte der 44-Jährige angesichts der Tatsache, dass nur „Schlusslicht“ Erzgebirge Aue (18) in der Rückrunde mehr Gegentreffer kassierte als die Kiezkicker, die seither auch nur acht eigene Tore erzielten.

Trost vom gegnerischen Trainer

„Der doppelte Elfmeter war das I-Tüpfelchen auf einer schlechten Leistung“, befand Schultz. Sein 96-Kollege Christoph Dabrowski versuchte gönnerhaft, die Verlierer zu trösten. „Ihr seid eine Supermannschaft. Ich bin überzeugt, dass ihr bis zum Schluss oben mitspielen werdet“, sagte er. Nach den jüngsten Eindrücken fällt es allerdings schwer, daran ernsthaft zu glauben. (fs)