Iserlohn. Die Iserlohn Roosters haben sich im oberen Tabellendrittel der DEL etabliert. Wir erklären, wohin der Weg des Klubs aus dem Sauerland führen soll.
Wolfgang Brück ist es gewohnt, auch wortgewaltige Reden zu halten. Er ist schließlich Rechtsanwalt und beherrscht alle Tonlagen traumhaft. Doch während die Spieler der Iserlohn Roosters an diesem Dienstagmorgen im fernen Straubing einigermaßen zufrieden in ihren Bus steigen, klingt Wolfgang Brück plötzlich nachdenklich. Schuld ist nicht die 4:5-Niederlage der Roosters nach Penaltyschießen am Abend zuvor, schuld ist die Entwicklung des Klubs, dessen Geschäftsführender Gesellschafter Wolfgang Brück ist.
„Vielleicht ist das ein Indiz für den Erfolg, den wir in den vergangenen zwei Jahren hatten“, sagt er – und bezieht sich auf die direkte Busreise der Mannschaft aus Bayern nach Berlin. Dort treten die Sauerländer am Mittwochabend (19.30 Uhr/Servus TV und in unserem Ticker) bei den Eisbären an, im Topspiel des Spieltages der Deutschen Eishockey-Liga. Der Tabellenführer empfängt den Dritten. „Vielleicht hätten wir früher gerechnet, ob es nicht wirtschaftlich sinnvoller ist, unmittelbar nach dem Spiel in Straubing erst nach Iserlohn...“, ergänzt Wolfgang Brück und formuliert den Satz nicht aus.
Die Sache mit den Vorfahren
Denn dieses Denken ist Vergangenheit. Die Iserlohn Roosters gehören mit ihrem geschätzten Etat von rund 5,5 Millionen Euro zwar weiterhin zu den Finanz-Minimalisten der DEL, doch sportlich etablieren sich die Sauerländer derzeit im oberen Tabellendrittel der Liga. Sie sind die Überraschung der bisherigen Saison.
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Deutschlandweit wird deshalb nach dem Iserlohner Erfolgsrezept gefahndet. „Den einen Stein der Weisen gibt es aber nicht“, sagt Wolfgang Brück. Natürlich macht Manager Karsten Mende aus den bescheidenen finanziellen Mitteln eine Tugend. Er verpflichtet mit Vorliebe junge, unbekannte Talente aus Nordamerika – die nach wenigen Monaten oft einen deutschen Pass beantragen und erhalten, weil sie deutsche Vorfahren haben. „Das scheint in Iserlohn gut zu funktionieren“, sagt DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke dazu und ergänzt: „Die Roosters machen einfach das Beste aus ihren Möglichkeiten.“
Der Erfinder des Roosters-Hockeys
Knapp drei Viertel des aktuellen Kaders besitzen eine kanadische Vergangenheit. Dank der Einbürgerungspraxis belegen Brooks Macek, Ryan Button, Brad Ross oder Colten Teubert allerdings keine der neun zur Verfügung stehenden Ausländerlizenzen. Kritik aus der Liga am Iserlohner Weg nimmt Mende jedoch gelassen hin und verweist auf die ständigen Abwerbungsversuche der Konkurrenz. Und über den deutschen Pass von Brooks Macek freut sich auch Bundestrainer Marco Sturm.
Der sportliche Höhenflug der „Hähne“ ist allerdings einzig mit dem „Kanadischen Virus“, wie die Süddeutsche Zeitung titelte, nicht zu begründen. Diese Strategie verfolgt der in Nordamerika bestens vernetzte Mende seit etlichen Jahren, aber erst in den nun gut zwei Jahren, in denen Trainer Jari Pasanen gemeinsam mit „Co“ Jamie Bartman für die sportlichen Geschicke verantwortlich zeichnet, begeistern die Roosters ihre Fans. Überfallartig aus einer starken Defensive kontern und absolut fit sein – darauf fußt das Roosters-Hockey des 51 Jahre alten Finnen.
Wohin all das führen wird?
Wolfgang Brück spricht wirtschaftlich von einem einst schlafenden Riesen, der sich nach zwei aufeinander folgenden Play-off-Teilnahmen noch müde auf die Bettkante gesetzt habe. Eine weitere – und der „Leuchtturm Südwestfalens“ könne sich vielleicht aufrichten. Sportlich wollen die Roosters, Rückschläge einkalkuliert, steter Play-off-Teilnehmer werden. Für diese Saison würde es Brück überdies reichen, „ein Spiel mehr zu machen, als in der vergangenen“. Dann stünde sein Klub immerhin -- im Halbfinale.