Düsseldorf.
Mit einer Hiobsbotschaft begann für Christian Brittig am Mittwoch die Arbeit. Der Cheftrainer der DEG wird voraussichtlich ohne einen Ersatzmann für seinen langzeitverletzten Stürmer Ashton Rome auskommen müssen. Mit seiner blutjungen Mannschaft will der 47-jährige Bayer dennoch allen sportlichen und wirtschaftlichen Widrigkeiten trotzen. Im Interview mit der NRZ sprach Christian Brittig vor dem Saisonstart am Freitagabend in Krefeld über die aktuelle (Personal-)Situation, den Reiz an der Arbeit mit jungen Spielern und die Saisonziele.
Herr Brittig, die Geschäftsführzung hat Ihnen mitgeteilt, dass für einen adäquaten Ersatzmann für den langzeitverletzten Ashton Rome kein Geld vorhanden ist. Wie gehen Sie mit der Situation um?
Christian Brittig: Für mich und die Mannschaft ist diese Nachricht ein großer Rückschlag. Ashton war auf dem Weg zum Führungsspieler. Nach den Abgängen von Calle Ridderwall und Travis Turnbull fehlt uns mit Ashton bereits der dritte hochkarätige Stürmer. Er wäre mit Sicherheit für zwanzig bis fünundzwanzig Tore gut gewesen. Ich fordere deshalb dringend eine Verstärkung. Ich muss das fordern. Würde ich das nicht tun, wäre ich hier als Trainer fehl am Platz!
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Ein entsprechender Ersatzmann würde die DEG schätzungsweise rund 100.000 Euro kosten. Was könnte man von so einem Spieler erwarten?
Brittig: Wir haben einen speziellen Kandidaten im Visier, der uns auf Anhieb verstärken könnte. Es wäre ein guter, ein ganz guter Spieler, der auch andere Bereiche abdecken könnte. Wir reden hier natürlich nicht über einen potenziellen Top-Scorer, aber über einen Spieler, der uns in mehreren Bereichen helfen könnte. Vorerst musste ich seinem Agenten allerdings absagen, da wir ohne weitere Unterstützung das Geld nicht aufbringen können.
Das Erreichen der Pre-Playoffs wird als Saisonziel ausgegeben. Wie realistisch ist dies, sollte man nicht noch eine Nachverpflichtung tätigen können?
Brittig: Ich hoffe wir werden jetzt nicht Woche für Woche auf diesen Pre-Playoff-Platz festgenagelt. Es geht vordergründig darum, dass wir uns als Mannschaft ein Ziel setzen. Das Team arbeitet gut, geht mit Kampf und Leidenschaft die Sache ran. Es kommt jjedoch beim großen Ziel auf ganz viele kleine Bausteine an. Nur wenn wir diese alle summieren können, ist das Ziel erreichbar. Wenn uns ein Pre-Playoff-Platz gelingt, wäre das eine sensationelle Leistung.
Brittig fürchtet möglichen Fehlstart nicht
Die DEG startet am Freitag gleich mit einem Derby in Krefeld in die 20. Jubiläums-Saison der deutschen Eishockey-Liga. Am Sonntag folgt der Heimauftakt gegen das neue Liga-Schwergewicht aus München. Haben Sie Angst, dass der Start misslingen könnte?
Brittig: Nein, sicherlich nicht, auch wenn wir in beiden Spielen als krasser Außenseiter an den Start gehen werden. Ich freue mich auf Krefeld. Ein Derby macht immer Spaß, und es gibt viel Action. Meine Jungs werden auch gegen München heiß sein, das ist eine attraktive Mannschaft mit namhaften Spielern. Dennoch wäre ein guter Start sehr wichtig für das Selbstvertrauen, gerade für unsere jungen Spieler. Es macht schon einen Unterschied, ob man nach einem Sieg mit Spaß die nächste Trainingswoche angehen kann oder nicht.
Mit welcher Aufstellung wird die DEG zum Start in Krefeld auflaufen?
Brittig: Ich werde jetzt natürlich nicht unsere Start-Reihen verraten. Wir können allerdings wieder auf Drew Paris und Colin Long setzen, die zuletzt noch verletzt waren. Mit der Rückkehr dieser beiden Spieler wird sich in den Reihen etwas verändern. Bis auf Ashton Rome sind alle Spieler an Bord, und wir können mit vier Sturmreihen agieren.
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In welchen Bereichen hat sich Ihre Mannschaft im Gegensatz zur vergangenen Saison verbessert?
Brittig: Die Jungs sind spielerisch, technisch und auch läuferisch ein Stück besser geworden. Junge Spieler wie ein Alexander Preibisch, Manuel Strodel oder auch Daniel Fischbuch mussten in der Vorbereitung auch in Über- und Unterzahlsituationen ran. Das sind Erfahrungswerte für die Spieler, die sich in keinem Training realisieren lassen
Welcher Spieler hat Sie in der Vorbereitung bislang am meisten überzeugt?
Brittig: Ken Andre Olimb hat einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Er agiert souverän im Spielaufbau, schaltet sich auch immer mit in die Abwehr ein. Seine spielerische Komponente im Powerplay ist sehr gut ausgeprägt. Das sieht bei ihm schon alles sehr, sehr gut aus.
Wie groß ist der Druck für Ken Andre Olimb, nachdem mit Calle Ridderwall, Travis Turnbull und nun auch Ashton Rome die drei besten Stürmer fehlen?
Brittig: Calle Ridderwall und Travis Turnbull waren für hundert Scorerpunkte gut. Insbesondere Top-Scorer Ridderwall kann man nicht ersetzen. Es muss das Ziel von Ken Andre Olimb und der gesamten Mannschaft sein, die Abgänge und den Ausfall von Ashton Rome zu komepnsieren. Anders geht es nicht. In der Vorbereitung hat man in einigen Spielen gesehen, dass sich diese Ausfälle in der Offensive bemerkbar machen und wir nicht immer viele Tore schießen. Wir können uns in der Saison sicherlich nicht darauf verlassen, jedes Spiel mit 1:0 zu gewinnen.
DEG geht ohne klare Nummer eins in die neue Saison
Mit Stammtorhüter Bobby Goepfert und Neuzugang Stefan Ridderwall agierten in den Vorbereitungsspielen zwei Torleute auf Augenhöhe. Wird es eine klare Nummer eins geben?
Brittig: Nein, derzeit nicht. Es ist mit beiden Spielern abgesprochen, dass es keine klare Nummer eins gibt. Wir können uns glücklich schätzen, zwei so gute Torhüter in der Hinterhand zu haben. Es ist logisch, dass, wenn einer von beiden Spielern über eine gewisse Zeit überragend hält, man darauf reagieren wird. Gerade in der Zeit, wenn wir drei Spiele in der Woche haben, wird es sehr wichtig sein, wenn man rotieren lassen kann. Außerdem machen uns zwei gleichwertige Torhüter, die von ihrem Stil her völlig unterschiedlich sind, für die Gegner weniger ausrechenbar. Das ist ein großer Vorteil.
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Das Durchschnittsalter der Mannschaft beträgt gerade einmal 23, 16 Jahre. Der Liga-Schnitt liegt indes zwischen 26 und 28 Jahren. Sind die jungen Talente alle schon reif für die DEL?
Brittig: Ich traue den jungen Spielern diesen Schritt zu. Für einige von ihnen ist es die erste Saison bei den Profis, doch sie haben Potenzial. Unser Konzept mit jungen deutschen Spielern ist größtenteils der Gesamtsituation geschuldet. Wir haben in der vergangenen Saison im Etat einen riesigen Schritt nach hinten gemacht. Für den aktuellen Etat kann ich keine gestandenen deutschen Spieler bei anderen Vereinen abwerben. Auch unsere Ausländer verdienen bei uns weniger als bei anderen Klubs. Dennoch ist die Arbeit mit jungen Spielern sehr reizvoll. Zu sehen, wie sie sich Woche für Woche verbessern und Trainingsinhalte im Spiel umsetzen, ist eine spannende Aufgabe.
Sie setzen in Ihrer Trainingsarbeit vor allem auf körperliche Fitness, arbeiten mit den Spielern schon früh im Jahr an Kraft und Kondition. . .
Brittig: . . . um davon im Laufe einer langen Saison zu profitieren. Die Schweiz beispielsweise macht uns schon seit einigen Jahren vor, wie sehr man von einer frühen Fitness-Grundlage profitieren kann. Es ist wichtig, dass die Kraftreserven gut gefüllt sind. Wir hoffen schließlich alle, dass die Saison für uns nicht schon wieder so früh beendet ist wie zuletzt.